Heu und Klee (Hay and Clover)
von Cúthalion (nach einer Anregung von illyria-pfyffin)

Groß-Smials, 2998

„Ich glaube, du hattest genügend Wein, junger Herr Beutlin.” Die Stimme war dicht an seinem Ohr, und Frodo ließ vor Überraschung beinahe sein Glas fallen. Er wandte den Kopf und schaute in ein Paar Augen, die vor Lachen glitzerten. Sie gehörten zu einer jungen Frau, nicht viel älter als er selbst (er war erst letzte Woche dreißig* geworden – was selbstverständlich Grund genug gewesen war, eine unendliche Anzahl von Trinksprüchen auszubringen). Sie hatte krauses Haar, das lose aufgesteckt war und sich bereits aus den Nadeln löste, eine kleine, lustige Nase voller blassgoldener Sommersprossen und einen großen, wunderschönen Mund.

Und sie hatte Recht... er hatte ganz sicher genug Wein gehabt. Frodo versuchte sich zu erinnern, wie oft sein Bolger-Vetter Fredegar sein Glas wieder nachgefüllt hatte, und er machte den Fehler, sich versuchsweise aus seinem bequemen Sessel zu erheben. Der Raum fing auf der Stelle an, sich um ihn zu drehen; plötzlich legte sich eine kleine, kräftige Hand um seinen Ellbogen und geleitete ihn durch die lärmende Menge, zur Tür hinaus und den Gang hinunter, bis sie den Haupteingang der Groß-Smials erreicht hatten.

Frodo trat hinaus in den dunstigen Herbstnachmittag, die Hand des unbekannten Mädchens noch immer auf seinem Arm; er nahm den Geruch von Erntefeuern wahr, von trockenem Laub und kühler, nasser Erde, und sein Kopf klärte sich ein wenig.

„Wer bist du?“

„Trifolia Tuk**,“ sagte sie mit einem Lächeln, ließ seinen Arm los und knickste. „Die Tochter von Adelard Tuk,“ fügte sie hinzu, als ihr klar wurde, dass er nicht wusste, wo genau in dem riesigen Familienstammbaum er sie einsortieren sollte. „Und du bist Frodo Beutlin, ein ehemaliger Brandybock und nunmehr der Erbe des legendären Bilbo Beutlin.“

Er verbeugte sich feierlich – der nächste Fehler, denn jetzt fing die Welt erneut an, um ihn zu kreisen. Sie schaute ihn an und einmal mehr bemerkte er das Lachen in ihren Augen... wenigstens, sobald ihr Gesicht lang genug stillstand, um sie deutlich zu erkennen.

„Meine Güte, du solltest besser wissen, wann du aufhören musst.“ bemerkte sie. „Komm mit, wir machen einen kleinen Spaziergang... wir wollen doch nicht, dass du auf der Türschwelle von meinem nüchternen Onkel Paladin umkippst, oder?“ Er fand sich selbst wieder, wie er einen feuchten Pfad hinunterbugsiert wurde, der zu den abgeernteten Gerstefeldern führte. „Vielleicht finden wir ein Plätzchen, wo du deinen Rausch ausschlafen kannst, ohne dass die ganze Sippschaft etwas zum Lachen hat.“

„Ich habe ein Gästezimmer mit einem Bett.“ teilte er ihr mit, aber sie schüttelte lächelnd den Kopf und hielt noch immer seine Hand; nun führte sie ihn zu einem kleinen Heuschober hinüber, der weiter entfernt stand. Die Sonne sank langsam dem Horizont entgegen; als Trifolia es fertig gebracht hatte, die klemmende Tür zu öffnen, sah er hohe, sauber aufgeschichtete Heuhaufen, die den Heuschober bis fast unter das Dach ausfüllten. Trifolia bückte sich, dann drehte sie sich um, einen Stapel wollener Ponydecken in den Armen. Innerhalb weniger Minuten hatte sie einen bequemen Ruheplatz für ihn gebaut, und er ließ sich mit einem Seufzer der Erleichterung darauf niederfallen. Heustaub erhob sich in einer kitzelnden Wolke um seinen Kopf und er nieste herzhaft, um gleich darauf zu gähnen. Er schaute zu ihrer dunklen Silhouette auf, die von einer Aureole aus goldenem Sonnenlicht umgeben war.

„Schlaf gut, Vetter Frodo.“ hörte er sie sagen. Sie sagte noch etwas anderes, aber ihre Stimme wurde immer leiser und dann wurde die Welt langsam dunkel.

*****

Als er wieder zu sich kam, hatte er leichte Kopfschmerzen und ein pelziges Gefühl auf der Zunge. Er brauchte eine Weile, um sich zu erinnern, wo er war, aber dann bemerkte er den starken, süßen Geruch von Heu und die raue Oberfläche der Decke, auf der er lag, und dann kam das Gesicht des Mädchens zu ihm zurück und er setzte sich auf.

„Wieder nüchtern?“

Er zuckte zusammen und wandte den Kopf; und da saß sie auf einer zweiten Ponydecke, ihre Röcke säuberlich um sich ausgebreitet, das selbe Lächeln in den Augen, an das er sich von ihrer letzten Begegnung so erstaunlich deutlich erinnerte.

„Weißt du noch, wer ich bin?“

Jetzt lag das Lächeln auch in ihrer Stimme, und er rieb sich das Gesicht und fuhr sich mit allen zehn Fingern durch den zerzausten Schopf.

„Du bist Trifolia.“ sagte er und räusperte sich.

Sie nickte. „Und du bist Frodo, und du hast Stroh in den Haaren.“ Sie streckte die Hand aus und pflückte lange Halme aus seinen Locken. Ihr Gesicht war sehr nahe – er konnte beinahe die Sommersprossen auf ihrer Nase zählen – und er roch einen schwachen Duft nach Veilchen, Rosen und sauberer Baumwolle.

„Es ist Sonntag morgen.“ informierte sie ihn leichthin. „Innerhalb der nächsten Stunde werden die Groß-Smials ausgestorben sein, weil jedermann sich auf dem großen Erntepicknick befindet. Niemand hat überhaupt bemerkt, dass du weg bist.“

„Was ist mit dir?“ fragte er.

„Oh... ich habe in meinem Bett geschlafen, wo ich hingehöre, Frodo Beutlin.“ sagte sie. „Meine Tante hätte mir einen Satz heißer Ohren verpasst, wenn sie mich nicht dort vorgefunden hätte. Aber jetzt ist sie gerade in der Küche, bis zum Ellbogen in Obstkuchen und Würstchen, von sämtlichen Klatschbasen von ganz Buckelstadt umgeben – und sie ist die Schlimmste von den ganzen Haufen. Sie wird mich ganz sicher nicht vermissen. – Hast du Hunger?“

Zu seiner Überraschung stellte er fest, dass er tatsächlich hungrig war; sie holte einen kleinen Korb hinter ihrem Rücken hervor und reichte ihm zwei riesige, zusammengeklappte Brotscheiben mit Schinken, Salat und Hühnchen und eine Tonflasche mit Milch. Während er sein unerwartetes – und hoch willkommenes – Frühstück verschlang, holte sie einen rotbackigen Apfel aus dem Korb, schnitt ihn mit einem kleinen Messer aus ihrer Rocktasche in Scheiben und aß ihn Stück für Stück auf. Ihre Zähne waren sehr weiß, und das Sonnenlicht, das in breiten Streifen durch die Risse in der Scheunenwand fiel, verwandelte ihr krauses Haar in eine rotgoldene Wolke um ihren Kopf.

„Hast du ein Mädchen in Hobbingen?“ fragte sie plötzlich.

Er schüttelte den Kopf.

„Und du? Ich meine, ist da... jemand?“ Er spürte, wie seine Wangen heiß wurden, als er errötete.

„Mehr als einer.“ Sie bemerkte seinen schockierten Blick und lachte. „Entschuldige bitte, mehr als einer, der einen netten Ehemann abgeben würde, natürlich.“ Ihre Augen begegneten sich. „Aber dass du niemanden hast... ist das Weibervolk da drüben denn blind?“

Plötzlich streckte sie die Hand aus und berührte sein Haar; dieses Mal suchte sie nicht nach Strohhalmen. Sie ließ ihre Finger durch seine Locken und hinunter in seinen Nacken gleiten, und dann ruhte ihre Hand auf der warmen Haut.

„Ich... ich weiß nicht. Aber du... du bist hübsch.“ brachte er heraus. Und das war sie wirklich... mit ihren lachenden Augen, ihrer sommersprossigen Nase und ihrem lebendigen, vollen Mund. Mit einemmal entdeckte er, dass sein Blick an diesem Mund hing, an den Lippen und dem kleinen Grübchen neben dem linken Mundwinkel.

„Hübsch... ja vielleicht.“ murmelte sie. Er hörte das leise Rascheln ihrer Röcke, als sie näher kam und endlich vor ihm kniete. „Aber du, Frodo Beutlin... du bist schön.“

Sie beugte sich vor und plötzlich lag ihr Mund auf dem seinen... eine zarte Berührung, ein warmes, erregendes Gefühl. Er schloss die Augen und hielt völlig still, and dann spürte er, wie ihre Hände sein Gesicht umschlossen; ihre Daumen folgten sanft der ebenmäßigen Linie seiner Wangenknochen. Sie zog sich langsam zurück, ohne ihre Hände wegzunehmen. Nur ein winziger Zwischenraum trennte ihre Lippen; er spürte ihren Atem und ein süßer Hauch von Äpfeln strich über sein Gesicht.

„Trifolia?“

Die Stimme einer älteren Hobbitfrau, und sie kam von außerhalb der Scheune. Beide zuckten heftig zusammen.

„Trifolia? Was um Himmels Willen machst du da drin?“

„Ich komme schon, Tantchen!“ Er spürte eine weiche Hand auf seinem Mund. „Still,“ flüsterte sie, „sie hat keine Ahnung, dass du auch hier bist...“ und dann war sie weg, mit einem Rockschwung und dem Rascheln bloßer Füße im Heu. Er saß auf der Ponydecke, den Mund vor Staunen halb offen, und sein ganzer Körper vibrierte von der lebhaften Erinnerung an ihre Berührung.

*****

In den nächsten paar Tagen hatten sie noch immer Glück mit dem Wetter, und Frodo entschloss sich, eine weitere Woche zu bleiben. Er schrieb eine kurze Notiz für Bilbo und gab sie dem Boten mit, der nach Hobbingen unterwegs war, und dann stürzte er sich in das turbulente Familienleben in den Groß-Smials. Das Erntepicknick war vorüber, aber jetzt brannten die Kartoffelfeuer; jeder Abend war ein Fest mit Gesang, Tanz und lodernden Flammen vor dem dunkler werdenden Herbsthimmel.

Es war einer dieser Abende, an dem er Trifolia wiedersah; sie saß auf einem Stapel aus Polstern und Decken, einen Säugling auf dem Schoß; neben ihr hielt sein junger Vetter Peregrin einen Stock ins Feuer und versuchte die riesige Kartoffel, die er auf die Spitze gesteckt hatte, nicht zu verbrennen. Als er Frodo entdeckte, ließ er den Stock auf der Stelle fallen, eilte zu ihm herüber und fasste nach seiner Hand.

„Komm!“ sagte er. „Komm, da ist meine jüngste Base! Sie ist bloß ein Baby, und ich kann überhaupt nicht mit ihr spielen, weil sie viel zu klein ist, aber du musst gucken! Sie heißt Petunia.“

Frodo stand vor Trifolia; das friedlich schlummernde Baby in ihrer Armbeuge nahm er kaum wahr. Sie hob den Kopf und schaute zu ihm auf; ein Licht erfüllte ihre Augen, warm und golden wie das Spiegelbild des Feuers.

„Guten Abend, Frodo Beutlin.“ sagte sie. „Fühlst du dich wohl in den Groß-Smials?“

„Das tue ich wirklich.“ erwiderte er und verbeugte sich mit weitaus mehr Eleganz als bei ihrer ersten Begegnung. „Aber ich würde dich gern häufiger sehen.“

„Wirklich?“ Ein heimliches Lächeln kräuselte ihre Mundwinkel, und die plötzliche Erinnerung an warme Lippen und den schwachen Geschmack von Äpfeln schoss ihm durch den Kopf und ließ seine Handflächen prickeln. „Ich kann mir kaum vorstellen, wieso.“

„Ich auch nicht!“ warf Pippin plötzlich ein. „„Trifolia ist schrecklich langweilig.“

Trifolia versetzte ihm einen sanften Klaps auf den Hinterkopf; er machte ein paar hastige Schritte rückwärts und kicherte vor Entzücken.

„Trifolia ist langweilig,“ fuhr er aus sicherer Entfernung fort, „Trifolia ist hässlich...“

„Und mit deinem Mundwerk wirst du eines Tages noch in einer schrecklichen Patsche landen, Jung-Peregrin.“ sagte Trifolia in gelassenem Ton und wandte ihren Blick zurück zu Frodo. „Nebenbei, deine Kartoffel ist mittlerweile nur noch ein Stück Kohle, du närrischer kleiner Tuk.“ Peregrin stieß einen Schreckensschrei aus, und das Baby in Trifolias Schoß regte sich und begann zu jammern. Trifolia streckte die Hand aus und Frodo half ihr auf die Beine. Für einen kurzen Moment war ihr Gesicht wieder dicht vor dem seinen.

„Ich bringe Petunia zu ihrer Mutter; Zeit für’s Abendessen.“ sagte sie und rückte das strampelnde Baby sorgsam in ihren Armen zurecht. Dann wandte sie sich ab und plötzlich hatte er Angst, sie nicht mehr wiederzusehen.

„Trifolia?“

Sie blickte zurück. „Ja, mein schöner Vetter?“

Er öffnete den Mund, aber tatsächlich wusste er nicht wirklich, was er ihr sagen sollte. Ich wünsche mir, mit dir allein zu sein, wie ich mir noch nie zuvor etwas gewünscht habe... Ich möchte dich wieder küssen... du bist auch schön... du lässt mich nach mehr hungern als nach den guten Mahlzeiten in den Groß-Smials und nach Fredegars Wein... Worte waren unzureichend und mehr als das: er fürchtete sich, sie zu verletzen oder schlimmer, sie zu beleidigen.

„Könnten wir uns vielleicht... treffen?“

Sie sah ihn lange an; er konnte den Ausdruck in ihren Augen nicht richtig erkennen. Eine tiefe Stelle senkte sich zwischen sie, nur vom Knacken der feuchten Äste im Feuer unterbrochen. Er hielt den Atem an... war er schon zu weit gegangen?

„Vielleicht,“ sagte endlich. „Lass mal schauen... ich muss mich darum kümmern, dass Petunia gefüttert wird, ich muss Perle und Pimpernelle finden und ich muss diesen kleinen Rotzlöffel Peregrin davon abhalten, die Röcke von Tante Rosamunda anzuzünden... Pip! Das habe ich gesehen!“

„Ich denke, ich bin vollkommen imstande, mit Pippin klarzukommen.“ sagte Frodo; ein leichtes, grimmiges Lächeln hob seine Mundwinkel. „Wann kann ich mich mit dir treffen? Und wo?“

„Mitternacht.“ Ihre Stimme war sehr leise. „Und du weißt wo, nicht wahr?“

Dann wandte sie sich ab und verschwand in der Dunkelheit. Frodo verbannte energisch jede erregende Erinnerung aus seinem Gedächtnis, ebenso wie die noch viel erregendere Vorfreude und machte sich daran, Peregrins neueste Untat zu verhindern.

*****

Er erreichte die Scheune gerade noch rechtzeitig; er hatte nicht gewagt, eine Fackel anzuzünden, verfolgt von dem Gedanken, einem sehr misstrauischen Adelard erklären zu müssen, wieso genau er sich mitten in der Nacht zu einem einsamen Heuschober hinunter schlich. Diesmal ließ sich die Tür leichter öffnen, und er schlüpfte hinein.

In dem Schober war es vollkommen finster, und er stolperte durch das Heu und kämpfte verzweifelt gegen ein schreckliches Gefühl der Lächerlichkeit an. Was hatte er sich eigentlich dabei gedacht? Ernsthaft zu erwarten, dass ein Mädchen, das er kaum kannte, sich mit ihm an einem der unpassendsten Orte traf, die er sich in diesem Augenblick vorstellen konnte – das war wirklich albern.

Er war kurz davor, einen strategischen Rückzug anzutreten, als er plötzlich das leise Quietschen der Tür hörte. Er holte tief Atem und starrte in die süß duftende Schwärze; plötzlich blendete das goldene Licht einer Laterne seine Augen und sein Herz setzte aus.

Es war Trifolia; sie hatte die Laterne unter ihrem Mantel verborgen. Jetzt ließ sie das schwere, dunkle Kleidungsstück zu Boden gleiten und trat näher, den Blick unverwandt auf seinem Gesicht.

„Da bin ich, mein schöner Vetter.“ sagte sie.

„Da bist du... und ich kann einfach nicht glauben, dass du wirklich gekommen bist,“ erwiderte er; Freude wallte in ihm auf und noch etwas anderes, das seine Knie ein wenig weich werden ließ. „Hat dich irgend jemand gesehen?“

„Diesmal nicht.“ sagte sie. Sie stellte die Laterne auf den Boden und zog sich in die Dunkelheit hinter dem kleinen Lichtkreis zurück; scheinbar hatte sie keine Schwierigkeiten, sich zurechtzufinden und sie war bald wieder da und trug die Decken bei sich, die er schon kannte.

„Ich hätte vielleicht etwas Weicheres mitbringen sollen,“ sagte sie mit einem Lächeln, „aber ich wollte Tante Rosamunda nicht erzählen, wo ich mit einem Stapel Kissen und Pelzdecken hin will.“

Er stand da und schaute sie an; er verstand die Botschaft klar und deutlich, die sie nicht laut aussprach. Ich bin hier bei dir, ganz allein mitten in der Nacht, und ich werde hier bleiben. Er half ihr, die Decken auf einer dicken Lage Heu auszubreiten, dann sah er zu, wie sie sich hinsetzte. Er wagte nicht, sich zu rühren, plötzlich gelähmt von der Schönheit ihres klaren Gesichtes und voller Staunen über ihre Großzügigkeit. Er wagte nicht einmal, etwas zu sagen.

Sie schaute zu ihm auf, und dann streckte sie die Hand aus und zog ihn zu sich herunter.

„Angst vor deiner eigenen Courage, mein schöner Vetter?“ murmelte sie, und dann fühlte er ihre Hände auf seinem Gesicht und ihre Lippen auf seinem Mund. Es war ein langer Kuss, ungestört diesmal, und unerträglich süß in der Dunkelheit. Ihre Finger strichen wieder durch sein Haar, berührten seine Schultern und glitten sein Rückgrat hinunter; sanft zogen sie das Hemd aus seinem Hosenbund und dann spürte er, wie ihre Hände seine Haut streichelten. Sie zog sich zurück und er hörte ihren Atem und den seinen, erstaunlich laut in der nächtlichen Stille. Jetzt erforschten seine eigenen Hände ihr Haar, die spröde Beschaffenheit ihrer Locken und endlich die glatte Haut ihres Halses. Er küsste ihren offenen, lächelnden Mund und er spürte, wie ihre Zungenspitze die Innenseite seiner Oberlippe berührte.

Wieder zog sie sich zurück; jetzt wollte er nicht nur fühlen, er wollte auch sehen, er war von brennender Neugier erfüllt und langsam fanden seine Hände ihren Weg hinunter zum tiefen Ausschnitt ihres Mieders. Er sah die sanften Hügel ihres Busens, die sich mit ihrem Atem hoben und senkten, und plötzlich spürte er, wie sein Körper heftig reagierte. Er war verlegen, aber sie lachte... ein atemloser, dunkler Klang, warm und voll, und ein Schauder rann ihm das Rückgrat hinunter. Er umarmte sie mit überschwänglicher Dankbarkeit, zog sie dicht an sich und bedeckte ihr lachendes Gesicht mit hungrigen Küssen.

„Langsam...“ sagte sie, „langsam...“ und sie öffnete die winzigen Häkchen des Mieders mit zitternden, aber kundigen Fingern, und dann war der Stoff fort. Sie kniete vor ihm, und er sah ihre Brüste, rund und süß und überwältigend, und er legte seine Hände darauf und liebkoste die sanften Kurven... ungeschickt zuerst, dann langsamer und mit wachsender Sicherheit. Wieder lachte sie, und sie zog seinen Kopf herunter, und dann zog sein Mund eine Spur über ihre Haut, sanft küssend und schmeckend, und ein langes, leises Stöhnen kam von irgendwo über seinem Kopf.

„Langsam...“ flüsterte sie einmal mehr, „setz dich gerade hin und halt still, lass uns das loswerden...“ und ihre Finger knöpften sein Hemd auf und streiften den zerknitterten Stoff über seine Schultern. Dann beugte sie sich vor und er spürte ihre Lippen auf seiner Brust und die nasse, kitzelnde Berührung ihrer Zunge, und dann schloss sich ihr Mund um eine hart gewordene Brustwarze, ihr Mund und... ohhh... ihre Zähne...

Er wurde sanft auf die Ponydecke niedergedrückt, dann fühlte er kühle Luft auf seinen Oberschenkeln und seine Hosen segelten irgendwo auf einen Heuhaufen nebenan. Er stützte sich auf die Ellenbogen; sein Gesicht war gerötet, sein Atem ging tief und rasch und sein Herzschlag donnerte betäubend laut in seinen Ohren. Trifolia kniete über ihm, eine Hand auf seiner Brust. Irgendwie war auch ihr Rock verschwunden; er konnte die erstaunlich weiße Haut ihrer Beine sehen, vom sanften Licht der Laterne vergoldet, und ihren Bauch mit der weichen Vertiefung ihres Nabels.

„Das hast du noch nie vorher getan, oder?“ fragte sie mit dieser neuen, süßen und atemlosen Stimme, und er schüttelte einfach den Kopf, weit jenseits aller Scham.

Sie glitt mit ihrer gesamten nackten Länge neben ihn und küsste ihn noch einmal, ein tiefer Kuss, ein Tanz von Zungen, würziger Nässe und Hitze, und dann lag er über ihr. Ihr linker Arm hielt ihn am richtigen Platz, ihre rechte Hand schloss sich sanft um seine Härte und geleitete ihn in sie hinein.

Er hielt vollkommen still, wie gelähmt und überwältigt von der schieren Empfindung, umgeben zu sein, umgeben von ihrem Körper... er schloss die Augen und fühlte mit jeder Fiber, und dann schaute er auf sie hinunter, auf das süße Gesicht mit den großen Augen... und sie stöhnte wortlos und stöhnte noch einmal, und er spürte den strahlenden Triumph, der sein gesamtes Sein durchbohrte ich bin es oh ich bin es der das mit ihr macht... Er fing an, sich zu bewegen und ihre Hände streichelten seine Flanken und ihre Beine verschränkten sich hinter seinen Hüften und ihr Körper bog sich ihm entgegen und er bewegte sich noch schneller. Jeder Vorstoß war eine Offenbarung und ein Wunder und eine wahnwitzige Freude und lass mich dir das geben und lass mich das mit dir tun und ich danke dir dafür und ohhh nur noch einmal und dann erreichte er den Gipfel und die Welt explodierte in blendendem Weiß.

*****

Als er am nächsten Morgen erwachte, fand er nur eine zerknitterte Ponydecke vor, und die Laterne neben sich; Trifolia war fort.

Er verbrachte zwei ziemlich frustrierende Tage damit, Nachforschungen anzustellen. Während eines langen, üppigen Frühstückes wurde er ihrem Vater Adelard vorgestellt, er traf ihre Mutter Adalgunda und tanzte am Abend des letzten Kartoffelfeuers mit ihren Schwestern Tausendschön und Tulpe, aber Trifolia fand er nicht... sie schien verschwunden sein, ohne eine Spur zu hinterlassen.

Zwei weitere Tage später nahm Frodo herzlich Abschied von Paladin Tuk und verließ die Groß-Smials. Das Wetter hatte sich geändert; die dunstige, frühherbstliche Sonne war dahin und hatte dunklen Wolken und kaltem Regen Platz gemacht. Sein Pony trug ihn den schlammigen Pfad hinunter und Frodo dachte an die lange Heimreise und schauderte.

Wo der Pfad auf die gepflasterte Straße traf, stand ein kleines, rot belaubtes Wäldchen, und als er daran vorbei ritt, sah er eine kleine Gestalt, die unter den tiefen, tropfenden Zweigen wartete, in einen langen Mantel mit einer großen Kapuze gehüllt.

„Trifolia?“

Er zog die Zügel an und das Pony schüttelte die Mähne und schnaubte leise. Trifolia hob den Kopf und streifte die Kapuze zurück. Er sah in ihr klares Gesicht und erwiderte ihr Lächeln; die Wärme in ihren Augen sorgte dafür, dass er sich um einiges wohler fühlte.

„Wo bist du gewesen? Ich bin deiner gesamte Familie begegnet, aber du warst...“

„... ich war die meiste Zeit über bei Klein-Petunia und bei Pippins Schwestern.“ sagte sie ruhig. „Ich möchte nicht etwas anfangen, ohne eine Ahnung zu haben, wie es endet. Mein Platz ist hier, und du hast deinen endlich gefunden, oder nicht?“

Er schaute sie an und öffnete den Mund zum Widerspruch nein nein es kann nicht vorüber sein, das ist nicht der rechte Weg, damit umzugehen, zu beenden, was gerade erst angefangen hat, was geschehen ist zwischen dir und mir… aber dann sah er die starre Linie ihres Kinnes und den eisernen Willen hinter den freundlichen, grauen Augen und dem weichen Mund.

„Vielleicht hast du... vielleicht hast du Recht.“ Er nickte langsam, aber gleichzeitig spürte er einen scharfen Stich des Bedauerns. „Ich wäre gerne zurückgekommen, um dich wiederzusehen, Trifolia. Glaub es mir.“

„Oh, das tue ich.“ Sie entspannte sich und schenkte ihm ein sonniges Lächeln. „Und ich wäre schwer beleidigt gewesen, wenn du das nicht gesagt hättest.“

Sie nahm seine Hand; ihre Finger waren erstaunlich warm.

„Lebwohl, mein schöner Vetter.“ sagte sie. Er beugte sich hinunter und für einen flüchtigen Moment berührte sie seine Wange, wie sie es in jener Nacht vor vier Tagen in der Scheune getan hatte. Er wandte den Kopf und küsste sanft ihre Handfläche.

„Lebwohl, meine süße Trifolia,“ flüsterte er. Das Pony setzte sich in Trab und als er ein paar Augenblicke später zurückschaute, war sie nicht mehr da.

*****

Drei Jahre später war er der neue Herr von Beutelsend, mit neuen Rechten und noch mehr neuen Pflichten, und an einem klaren Frühlingsmorgen erhielt er einen Brief aus dem Groß-Smials. Er war mit feiner Feder auf schönem Pergament geschrieben und mit Blumen und Blättern dekoriert. Es war die Hochzeitsanzeige für Fräulein Trifolia Tuk und Herrn Everard Bolger.

Er wusste, er war nicht eingeladen und er reiste nicht zu den Groß-Smials. Aber er ging zu Viola Stolzfuß, der besten Weißnäherin und Stickerin in Hobbingen, und er bestellte ein besonderes Hochzeitsgeschenk: Kissenbezüge, Bettbezüge und Laken, aus dem feinsten Leinen genäht, jeder einzelne Saum mit Hunderten von winzigen Kleeblättern bestickt. Viola und ihre Tochter brauchten vier Wochen, um alles fertigzustellen, und das Paket erreichte die Groß-Smials genau einen Tag vor der Hochzeit.

In den folgenden Jahren brachte Trifolia sechs Kinder zur Welt, und jedes Mal kam ein Brief in Beutelsend an, der die neuesten, persönlichen Nachrichten enthielt, und stets endete er mit Deine dich liebende Freundin, mein schöner Vetter – Trifolia. Dann saß er hinter seinem Schreibtisch, das raschelnde Pergament in der Hand... und er erlaubte seinen Gedanken, zurückzuwandern. Er erinnerte sich an eine dunkle Nacht im Herbst, an das warme Licht einer Laterne auf rotgoldenen Locken, und an den süßen schweren Geruch nach Heu.

ENDE


*Ich habe mich nach reiflicher Überlegung entschieden, eine Alterstabelle anzuwenden die ich von rabidsamfan kenne; um festzustellen, welches Hobbitalter etwa dem unseren entspricht, empfiehlt sie (und viele andere) ein Drittel der Hobbit-Lebensjahre abzuziehen. Frodo ist in dieser Geschichte dreißig, d.h. nach „menschlichen“ Maßstäben etwa zwanzig, ein relativ „normales“ Alter, um seine Unschuld zu verlieren.

**Im Original heißt Trifolia Clover („Klee“), und „Trifolia“ ist die lateinische Übersetzung eines anderen englischen Wortes für „Klee“ – „trefoil“.


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