Sanfte Hände (Gentle hands)
von piplover, übersetzt von Cúthalion


Das erste, dessen er sich bewusst wurde, war das Gefühl sanfter Hände, die durch sein Haar glitten und die widerspenstigen Locken, die scheinbar immer ein Eigenleben geführt hatten, aus seiner Stirn strichen. Eine verirrte Brise wehte durch das Zelt, streifte seine Lippen wie ein Kuss und kühlte den Schweiß auf seinem fiebrigen Körper.

„Nun, junger Hobbit,“ flüsterte eine raue Stimme sanft neben seinem Ohr, und borstige Schnurrhaare kitzelten seine Nase. „Du bist beinahe wieder vorzeigbar. Wirklich, dieses kurze Haar, das du hast, ist beinahe nicht zu bändigen. Na, wenn du einen Bart hättest, dann könnte ich ihn so meisterhaft flechten, dass nicht einmal deine Vettern etwas daran aussetzen könnten. Aber,“ Gimli seufzte, und raue Finger berührten Pippins bartlose Wange, „junge Hobbits haben keine Gesichtsbehaarung, und du würdest wirklich ziemlich albern aussehen mit einem Bart. Also werde ich mich mal um das Haar auf deinem Kopf kümmern, und wir wollen schauen, ob wir nicht ein paar von diesen Knoten herausbekommen, oder?“

Die Hände, aufgeraut und schwielig von Jahren des Kampfes und der Schmiedearbeit, suchten sich sachte ihren Weg durch die dicken Locken des Hobbits, entwirrten geduldig die wirren, feuchten Strähnen, um sie zu bändigen.

„Jetzt...“ murmelte Gimli und berührte wieder Pippins Haar. „Wollen wir mal sehen, in welchem Zustand deine Füße sind, ja?“

Das Geräusch eines sich bewegenden Körpers, ein Stuhl, der über einen dicken Teppich rutschte und dann schoben Finger die Decke über seinen Füßen beiseite, besonders behutsam mit dem, der gebrochen war.

„Ah ja...“ seufzte Gimli. „Das sieht ganz schön übel aus, Herr Peregrin, ist halt so. Lass mich nur den Fußkamm von deinem Vetter nehmen, und wir machen dich zurecht.“

Mehr Bewegung, und dann, ein paar Augenblicke später, wurde einer seiner Füße hochgehoben und wieder auf einem Kissen abgelegt – um leichter heranzukommen, wie Pippin annahm. Er erschauderte kurz bei dem Gedanken, dass die groben Hände des Zwergen seine immer noch sehr empfindlichen Füße berührten, vor allen den gebrochenen, aber als der Kamm sachte durch sein Fußhaar gezogen wurde, begriff er, dass er nichts zu befürchten hatte.

Gimli arbeitete langsam und geduldig, mit der selben Aufmerksamkeit, die ein Edelsteinhändler seiner Ware angedeihen ließ. Seine Hände bewegten sich behutsam und gleichmäßig und schoben die Kammzähne sanft durch das verfilzte Haar.

„Also, ich weiß, du hättest lieber den jungen Herrn Merry hier, aber er wurde von König Eowyn wegen der einen oder anderen Aufgabe fort gerufen, und die ziemlich dringend war. In einem Tag oder so wird er wieder zurück sein, und eins lass mich dir sagen Pippin,“ fuhr Gimli verschwörerisch flüsternd fort, „wäre es kein direkter Befehl des Königs gewesen, er wäre noch immer hier an deiner Seite. So, wie die Dinge liegen, wirst du dich mit meinen mageren Fähigkeiten abfinden müssen.“

Ein paar Momente der Stille verstrichen nach dieser Erklärung, dann wurde Pippins Fuß zurück auf die Matratze gelegt und der andere behutsam bewegt, um den Platz auf dem Kissen einzunehmen. Er fühlte, wie er zusammenzuckte; die gebrochenen Knochen knirschten trotz der vorsichtigen Behandlung.

„Ich weiß, Pippin, ist schon gut. Ich warte ein bisschen, bevor ich anfange.“ murmelte Gimli.

Das Plätschern von Wasser, dann glitt ein feuchtes Tuch über sein Gesicht, wischte den Schweiß fort und kühlte die brennende Haut. Wasser tröpfelte über seine rissigen Lippen und in seinen Mund und benetzte seine Zunge. Mehr folgte, kleine Rinnsale, die sich leicht schlucken ließen und seine ausgetrocknete Kehle befeuchteten.

„So.“ flüsterte Gimli, und Pippin spürte einmal mehr Finger auf seinem Fuß. „Jetzt schauen wir uns die Bescherung mal an, ja?“

Wieder Stille, nur unterbrochen vom Geräusch des Kammes, der durch verknotetes Haar gezogen wurde, und von Gimlis leisem Atem, während er arbeitete.

„Lieber Junge, ich glaube, jetzt bist du wieder präsentabel. Wenn Aragorn kommt, um dich ein bisschen zu untersuchen, dann wird er den gepflegten Hobbit vor sich kaum wiedererkennen.“ neckte Gimli.

Pippins Fuß wurde auf dem Polster abgelegt, auf dem er normalerweise ruhte, während das andere Kissen verschwand. Die Decke legte sich über seine Füße und das Geräusch des Stuhles, der wieder verschoben wurde, zeigte dem Zwanziger, dass Gimli in die Nähe seines Kopfes zurückgekehrt war.

Starke Finger schlossen sich sacht um seine Hand, und bei all ihrer Stärke war der Griff so sanft, als hielte er eine seltene, zarte Blüte.

„Legolas sollte bald hier sein, aber er musste mit Aragorn fort, um sich um ein paar Angelegenheiten zu kümmern, von denen ich kaum etwas weiß. Sei dankbar, junger Hobbit, dass du nicht mit bei ihnen bist, sonst würden sie dich von einem Ende des Lagers zum anderen rennen lassen. Ich fürchte, dein Vetter hatte nicht so viel Glück, und wahrscheinlich macht er gerade ganz genau das. Du solltest also bald wieder gesund werden, damit du dich ihm anschließen kannst und ihm das Leben leichter machst.“

Pippin versuchte zu antworten, aber sein Geist, von dem dichten Nebel umwölkt, der ihn dauerhaft zu umgeben schien, seit er zum ersten Mal ins Bewusstsein zurückgefunden hatte, gestattete seinen Lippen nicht, sich zu bewegen, und statt dessen kräuselte sich seine Nase.

„Ganz deiner Meinung.“ antwortete Gimli, als hätte er den unausgesprochenen Kommentar gehört. „Aber du wirst Geduld haben und warten müssen, bis sich alles geklärt hat, bevor du dich wieder mitten ins Getümmel stürzt.“ Der Griff seiner Finger verstärkte sich leicht und Schwielen kratzten an seinem Daumen und seinem Handgelenk entlang. „Bis dahin schlage ich vor, dass du dich weiter ausruhst und dir keine Sorgen machst. Du wirst nur zu bald wieder herumrennen und uns in den Wahnsinn treiben. Lass uns die Ruhe genießen, so lange wir können.“

Bei Gimlis Grobheit waren die Hände, die sich um die von Pippin schlossen, sehr sachte, und er wusste, dass wenige darauf gekommen wären, dass dieser Zwerg zu solcher Sanftheit imstande war.

Er schloss die Augen und schlief ein.


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