Bevor ich schlafen gehe
von Cúthalion


16. Kapitel
Sonnenstern und Sonnenaufgang

Rosie begann Ende Januar mit ihren Nachforschungen. Sie hatte ein schlechtes Gewissen, als sie sich daran erinnerte, dass sie schon letzten Oktober vorgehabt hatte, ein paar Fragen zu stellen, als Lily nach der Nacht von Herrn Frodos Krankheit aus Beutelsend flüchtete. Aber während der nächsten Monate hatte sie Lily regelmäßig gesehen, wenn die junge Hebamme kam, um sie zu untersuchen, und sie schien völlig normal zu sein... eine vertrauenswürdige Freundin, ausgeglichen und sogar mit einem gewissen Humor. Es war recht einfach gewesen sich einzubilden, dass Lilys Schock nicht mehr gewesen sein mochte als das Ergebnis einer anstrengenden Nacht mit zuwenig Schlaf.

Lily riet ihr, so viele Spaziergänge wie möglich zu machen, und Rosie beschloss, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Sie befolgte ihren Ratschlag und verband die Spaziergänge mit verschiedenen Besuchen. Sie traf die Hornbläsers, die Spachtlers, die Pausbackens und die Birkenblatts. Sie sah viele der Mütter, um die sich Lily während der Schwierigkeiten gekümmert hatte, und sie hörte viele Geschichten und Erinnerungen über die dunklen, bitteren Monate, bevor Sam und Frodo zurückgekommen waren. Sie hörte von Frauen, die von einigen von Lothos Menschen überfallen worden waren und nur um Haaresbreite davonkamen, und von einem jungen Mädchen, das nicht das Glück gehabt hatte, rechtzeitig zu flüchten, drüben in Nadelhohl. Sie wurde drei Tage später tot im Forellenteich ihres eigenen Vaters gefunden. Rosie hörte die grausame Geschichte von der Tante des Mädchens, Narzissa Grünmoos, einer untersetzten Gevatterin mit grimmigem Gesicht. An diesem Abend kam sie nach Hause, Narzissas Stimme und ihre Worte noch immer im Kopf. Und als Sam sie fragte, ob es ihr gut ging, brach sie in Tränen aus.

Im März konnte sie nicht mehr spazieren gehen; ihr Körper war zu schwer geworden, und ihre Beine müde und geschwollen. Lily gab ihr Brennnesseltee und machte Ringelblumen-Umschläge, und noch immer hatte Rosie nicht den Schlüssel des Rätsels gefunden, das zu lösen sie Frodo versprochen hatte. Aber am Vormittag des 24. März wurde Rosie durch einen Besuch all ihrer Freundinnen überrascht (mit Ausnahme von Lily, die sich in Wasserau um ein Baby mit einer bösen Kolik kümmerte). Sie wurde mit vielen nützlichen Geschenken überschüttet, mit denen man einer jungen Mutter eine Freude machen konnte; winzige Jäckchen, Hosen, bestickte Blusen und Hemden, stapelweise neue Windeln (die Rosie fröhlich den Windelbergen hinzufügte, die sie bereits in den Schränken von Beutelsend aufbewahrte) und hübsche Häubchen. Sam und Lilly Kattun servierten Kirschtee und Nusskuchen, und Rosie und ihre Gäste hatten viel Spaß miteinander.

Es gab nur einen kleinen Zwischenfall; Margerite Boffin stolperte über eine Ecke des Teppichs im großen Esszimmer und goss sich den Inhalt ihrer Teetasse über den gesamten Oberkörper. Rosie bot ihre Hilfe und eine saubere Bluse an, aber Margerite bestand darauf, dass sie mit den kniffligen Häkchen des Mieders alleine klar kam. Rosie ließ sie in einem der Gästezimmer allein, und als sie mit der Bluse zurückkehrte, sah sie Margerites bloße Brust. Es dauerte nur ein paar Sekunden, bis Margerite sich wieder bedeckt hatte, nicht mehr als ein Wimpernschlag, aber es reichte. Die Narbe sah der Beschreibung, die ihr Frodo von Lilys Narbe gegeben hatte, so ähnlich, dass Rosie eine schnelle Entscheidung traf. Sie klopfte an die Tür des Gästezimmers, weigerte sich wegzugehen und überredete Margerite, sie hereinzulassen. Zwei Monate Spaziergänge und Besuche hatten sie die Kunst gelehrt, wie man jemanden dazu brachte, sein Herz zu öffnen, und Rosies sanfte Freundlichkeit und ihr Mitgefühl taten ein übriges. Nach einer halben Stunde kannte sie die ganze Geschichte.

Sam entdeckte seine Frau ein paar Minuten später; sie saß auf dem Bett im Gästezimmer und wiegte eine schluchzende Margerite in ihren Armen. Rosie sah ebenso bleich und verstört aus wie ihr Gast, und anstatt ihm etwas zu erklären, bat sie ihren Mann, alle außer ihrer Mutter fort zu schicken. Beim Anblick des Ausdrucks in ihrem Gesicht entschied Sam, dass es besser sei, nicht zu widersprechen. Gevatterinnen und Mädchen verließen Beutelsend nach einem freundlichen und sehr höflichen Lebwohl, schlenderten den Bühl hinunter und besprachen den angenehmen Vormittag noch einmal in allen Einzelheiten. Sam ging in den Stall, tätschelte Lutz den Rücken und schirrte Weidenwicke, das neue Pony an. Er hatte Rosie versprochen, dass er Margerite zum Boffin-Smial zurückfahren würde, und er hoffte auf eine zufriedenstellende Erklärung, was eigentlich los war, wenn er wieder zurück kam.

Aber was immer Sam auch wissen wollte oder über den eigenartigen Vorfall dachte, er vergaß es auf der Stelle, als er heimkehrte. Seine Schwiegermutter überraschte ihn mit aufregenden Neuigkeiten und schickte ihn gleich wieder weg, um die Hebamme zu holen. Rosie hatte die ersten Wehen.

*****

25. März 1421, mitten in der Nacht

„Es dauert nicht mehr lange.“

Lily kniete vor dem Bett; eine Hand glitt mit sanften Druck über Rosies hochgewölbten Bauch, die Finger der anderen Hand tasteten in ihrem Leib nach dem Köpfchen des Kindes. Kaum zehn Zentimeter tief fand sie den zarten kleinen Schädel; ihre Fingerspitzen berührten nasse Haut und feines Haar.

„Wie lange?“

Rosies Stimme klang keuchend. Ihr Gesicht war schweißüberströmt. Wie schon früher an diesem Abend saß Sam hinter ihr, gegen das Kopfende gelehnt. Seit Stunden schon streichelte er seine Frau, hielt ihr die Hand und massierte ihren schmerzenden Rücken; er sah beinahe noch erschöpfter aus als Rosie. Lily warf ihm einen scharfen Blick zu. Hoffentlich nicht mehr lange, so wie du aussiehst, Sam Gamdschie. dachte sie, aber sie schwieg; wenn sie im vergangenen Jahr eines gelernt hatte, dann war es, ihre Gedanken für sich zu behalten.

„Bald.“ erwiderte sie nach einem kurzen Augenblick statt dessen. Ihre dunkle Stimme klang weich und beruhigend. „Du hast es fast geschafft, Rosie...man sollte wirklich nicht meinen, dass es dein erstes ist.“

Sie spürte, wie sich Rosies Beine anspannten und wie ihr Rücken sich durchbog. Das Bett knarrte, als sie mit aller Kraft versuchte, das Kind aus ihrem Leib zu pressen. Lily half mit starkem Druck gegen die Bauchdecke und spürte, wie sich der kleine Körper mit einem Ruck nach unten schob... und wieder zurückglitt, als werde er festgehalten.

„Noch einmal, Rosie.“

Der nächste Versuch. Lily runzelte die Stirn; wieder tastete sie nach dem Kopf des Kindes. Sie ließ die Fingerspitzen über das winzige Gesicht gleiten, spürte die Stirn, die Nase, das Kinn... und dann die Windungen der Nabelschnur, die fest um den Hals des Babys lag. Einmal? Nein... zweimal.

„Nicht mehr pressen, Rosie. Flach atmen, so, wie ich es dir beigebracht habe, ja? Nicht mehr pressen.“

Die Gedanken jagten durch ihren Kopf. Irgendwie musste sie es fertig bringen, diese tückische Schlinge zu lösen; wenn Rosie, angespannt und verkrampft im Wehenschmerz, weiterpresste, würde das Kind sich selbst erdrosseln.

Sie richtete sich auf. Rosie hielt die Augen geschlossen. Ihr Atem kam in kurzen, flachen Stößen. Sam hielt sie mit beiden Armen umschlungen; Lily sah, wie blass er war.

„Sam?“ sagte sie ruhig. Er schreckte auf und starrte sie an und sie konnte die panische Angst in seinem Gesicht sehen.

„Deine Frau braucht eine kleine Pause.“ Die Lüge kam ihr leicht und flüssig über die Lippen; auch das hatte sie gelernt in den letzten zwei Jahren. „Und du auch – du siehst aus, als würdest du jeden Moment in Ohnmacht fallen. Ich möchte, dass du hinausgehst und einen Schluck Wein trinkst. Oder einen Becher Bier. Wasch dir das Gesicht und kämm dich, ja? Sonst siehst du aus wie einer von Lothos Raufbolden, wenn deine Tochter auf die Welt kommt, und das arme Ding erschreckt sich zu Tode.“ Ihre Stimme war die vollkommene Täuschung, leicht, süß und fröhlich mit einem kaum unterdrückten Lachen. „Vielleicht kannst du dich einen Moment ins Arbeitszimmer setzen.“

„Gute Idee.“

Sie zuckte heftig zusammen und bezwang mit aller Macht den Impuls, sich zu Frodo umzudrehen. Sie hatte ihn nicht hereinkommen hören. Wie lange stand er schon neben ihr?

„Raus mit dir Sam. Wir holen dich sofort, wenn es soweit ist... nicht wahr, Lily?“

„Aber sicher.“

„Ja, geh raus, Sam, bitte... ruh dich aus.“

Rosies geflüsterter Kommentar war es, der den Ausschlag gab. Sam küsste seine Frau und ließ sie behutsam von seinem Schoß auf das zerwühlte Bett gleiten. Er stolperte durch den Raum und Lily sah aus den Augenwinkeln, wie Frodo ihm den Arm um die Schultern legte und ihn in Richtung Tür führte wie ein müdes Kind. Sie hörte, wie er leise auf ihn einsprach, aber sie verstand nicht, was er sagte. Jetzt war auch nicht die Zeit, darüber nachzudenken.

Sie konnte spüren, wie Rosie sich unter einer neuen Schmerzwelle verkrampfte. Diesmal rührte sich das Kind nur ein wenig, bevor der kleine Körper wieder stecken blieb. Sie war unendlich dankbar, dass sie Frau Kattun schon vor einer halben Stunde mit sanfter Gewalt hinausgeschickt hatte, um „etwas Feines für die junge Mutter zu kochen“.

Die Tür wurde leise geschlossen, dann war es einen Moment ganz still.

„Frodo?“ sagte sie, ohne sich umzudrehen.

„Ich bin hier.“ Seine Stimme war ganz nahe, und sie stellte fest, dass er hinter ihr stand und sich vorbeugte. Für einen Augenblick spürte sie seinen warmen Atem auf der Wange, dann nahm sie sich zusammen, richtete sich ein Stück auf und warf einen Blick auf die Frau im Bett; Rosie hielt die Augen geschlossen und lag ganz still; die Wehen hatten offenbar für den Moment nachgelassen. Gut. Sie musste die Zeit nutzen, und zwar schnell.

„Hör zu.“ sagte sie sehr leise. „Die Nabelschnur hat sich um den Hals des Kindes gewickelt. Wenn ich nicht ganz schnell etwas unternehme, erstickt es. Ich muss seinen Körper leicht drehen, damit ich die Schlinge entfernen kann. Das geht aber nur, wenn sich Rosie entspannt; sie darf erst wieder pressen, wenn ich die Nabelschnur gelöst habe. Hast du verstanden?“

„Ja.“ erwiderte er ebenso leise. „Aber ich verstehe nicht, was ich...“

„Ganz einfach. Du setzt dich neben sie. Du hältst ihre Hand. Du sagst ihr, dass sie sich nicht fürchten muss. Du sagst ihr, es wird alles gut.“

Der Körper neben ihr wurde steif in müder Abwehr.

„Ich weiß nicht, ob ich das kann. Soll ich nicht besser Sam holen?“

„Sam ist am Ende, Frodo! Er hat ganz einfach keine Kraft mehr, und du weißt das.”

Zum ersten Mal wandte sie sich ihm wieder direkt zu und sah ihm in die Augen.

„Mir ist gleich, ob du ihr die lautere Wahrheit sagst oder ihr ins Gesicht lügst... so wie allen, denen du in den letzten Monaten erzählt hast, es ginge dir gut. Mir ist gleich, wie viel Hoffnung du hast, Frodo Beutlin... aber du wirst jetzt Rosie Hoffnung geben, und du wirst ihr Mut machen, oder du bekommst es mit mir zu tun. Es wird Zeit, dass du ihn mitsamt seiner Bürde auf deinen Schultern trägst – anstatt anders herum.“

Sie sah einen Muskel in der bleichen Wange zucken und registrierte mit grimmiger Genugtuung, dass sie den Schutzpanzer durchbrochen hatte. Er senkte den Kopf, dann stemmte er sich hoch und ging zum Kopfende des Bettes. Rosie hatte die Augen geöffnet, drehte ihr Gesicht in seine Richtung und lächelte schwach.

„Herr Frodo, was machst du denn hier?“

„Ich löse Sam ab.“ Lily sah, wie er Rosies Hand nahm und einen federleichten Kuss auf die Handfläche drückte. „Habe ich dir eigentlich jemals gesagt, was für eine wunderbare Mutter du sein wirst?“

Er klang völlig unbeschwert und sanft; mit einem kurzen, schwindelerregenden Schock erkannte Lily die Stimme wieder, die ihr Elbensagen erzählte... als sie in lauen Sommernächten in eben diesem Schlafzimmer nackt in seinen Armen gelegen hatte.

Vorbei. Das ist vorbei und kommt nie mehr wieder. Sie biss sich auf die Unterlippe und schmeckte Blut, aber der kurze Schmerz reichte aus, dass sie ihre Fassung wieder gewann. Im Hintergrund sprach die Stimme weiter, heiter und fröhlich, und sie malte das Bild eines geheilten Auenlandes, in dem Kinder spielten und in dem ein immerwährender Friede herrschte.

„Glücklicherweise ist Beutelsend ja nun wirklich groß genug...“

Der Kopf, das Kinn, der Hals mit der Nabelschnur. Mit Daumen und Zeigefinger umfasste sie eine zarte kleine Schulter, schob und drückte behutsam und spürte, wie der kleine Körper sich in dem engen Geburtskanal drehte.

„Möchtest du mehr Jungen oder mehr Mädchen? Stell dir vor – ein halbes Dutzend kleiner Gärtner...“

Da... es war ihr gelungen, zwei Fingerspitzen unter die Schlinge zu manövrieren, die jetzt, da das Kind anders lag, auch nicht mehr so straff saß. Sie zog vorsichtig... ganz vorsichtig...der Kopf kam frei...

Lily hob den Kopf. „Frodo, hol Sam – schnell!“

Frodo sprang auf und hastete aus dem Zimmer.

„Und – Rosie?“ Sie holte tief und schaudernd Atem. „Jetzt darfst du pressen. Jetzt. Jetzt!“

Und Rosie gehorchte. Sie gab ein tiefes Stöhnen von sich, machte eine letzte, gewaltige Anstrengung und das Kind glitt mühelos aus dem Leib seiner Mutter ins Freie, geradewegs in Lily’s wartende Hände... genau in dem Moment, als hinter ihr die Tür aufflog. Sam schoss an ihr vorbei, setzte sich mit derart kräftigem Schwung auf die Bettkante, dass das Bettgestell bedrohlich schwankte und fing Rosie, die entkräftet zurücksank, in seinen Armen auf.

Lily drückte das Kind an sich und lachte unter Tränen, während sie es sanft mit einem Tuch trockenrieb. Der kleine Brustkorb hob und senkte sich, dann ertönte ein erstaunlich kräftiger Schrei.

„Herzlichen Glückwunsch, Ihr beiden.“ sagte sie. „Es ist ein Mädchen!“

*****

Kurz vor Sonnenaufgang stand sie im Garten von Beutelsend; der Himmel im Osten war rosig getönt, und die taunassen Frühlingsblumen in Sams Beeten dufteten betörend süß.

Drinnen war nach der ersten Aufregung und Freude alles ruhig geworden. Lily hatte das Kind gebadet, gewickelt und seinen stolzen Eltern in die Arme gelegt; beim Gedanken an die fassungslose Ehrfurcht in Sams Augen, als er feststellte, dass seine Tochter goldblondes Haar hatte, huschte ein Lächeln über ihr Gesicht.

„Lily?“

Sie schloss die Augen. Nein, bitte. Tu mir das nicht an. Lass mich einfach gehen.

„Lily, ich muss dich etwas fragen.“

Sie seufzte. „Frodo ich bin müde. Das war eine lange Nacht. Ich möchte ins Bett. Das war sicherlich nicht das letzte Kind diese Woche, und sie kommen am liebsten dann zur Welt, wenn ich gern schlafen möchte.“

„Du hast vorhin etwas zu mir gesagt...“

„Ich war grob und unhöflich. Ich bitte dich um Verzeihung, aber... ich brauchte deine Hilfe.“

Er ließ sich nicht ablenken. „Du hast gesagt, Sam hätte mich auf seinen Schultern getragen. Hast du das wörtlich gemeint?“

„Wieso?“

„Weil es stimmt. Beinahe das ganze letzte Stück des Weges den Schicksalsberg hinauf hat Sam mich getragen.“

Lily erstarrte.

Schwefliger Rauch in ihren Lungen, der sie husten ließ, obwohl sie an einem sonnigen klaren Frühlingsmorgen vor ihrem Gartenbeet kniete, auf den Tag genau vor zwei Jahren. Ihr Körper auf dem Bett zusammengekrümmt, während sie panisch nach Luft rang und eine unerklärliche, furchtbare Hitze ihren Körper versengte und ihr den Mund austrocknete.

„Woher wusstest du das? Hat es dir jemand erzählt?“

Es war, als würde etwas in ihren Inneren reißen. Sie drehte sich zu ihm um, blickte in das müde, von erschöpften Linien durchzogene Gesicht, sah die silbergesprenkelten Locken und die Augen, traurig und dunkel.

„Hast du denn alles vergessen?“ Ihre Stimme war sehr leise, aber die Erbitterung und der verzweifelte Zorn darin traf ihn nichtsdestotrotz wie ein Schlag. „Hast du vergessen, das ich manchmal Dinge spüren kann, die ganz woanders geschehen?“

Sie ballte die Fäuste, als sie sah, dass das Begreifen und die Erinnerung langsam in seinem Blick Einzug hielt.

„An dem Tag, als du das entsetzliche... Ding endlich losgeworden bist, habe ich den Gestank dieses verfluchten Berges eingeatmet und ich dachte, ich würde sterben. Ich dachte, du würdest sterben. Ich habe dich so dicht bei mir gespürt, als wärest du direkt neben mir... nein, als wäre ich ein Teil von dir. Mein Finger...“

Sie hörte, wie er heftig nach Atem rang, aber sie sprach weiter.

„... mein Finger tat weh, als hätte ich in eine Schüssel mit zerbrochenem Glas gegriffen. Ich wusste nicht, wo du warst. Ich konnte nicht zu dir. Ich konnte dir nicht helfen...“

„Es tut mir so leid... ich wusste nicht...“

Sie konnte die Erschütterung in seiner Stimme hören und ein Teil von ihr hieß sie, still zu sein, aber immer noch fuhr sie fort.

„Was wusstest du nicht? Dass ich noch hier war und auf dich gewartet habe? Dass ich allein mit meinem Vater in Hobbingen ausgehalten habe, weil meine Mutter mit den Jungen zu Tante Esmeralda geflüchtet war und jemand ihn pflegen musste mit seinem bösen Husten, der nicht besser wurde – ganz zu schweigen von den Frauen, die trotz Lothos Tyrannei und seinen brutalen Rüpeln eine Hebamme brauchten?“

Die Bilder der vielen qualvollen Monate rasten vor ihrem inneren Auge vorbei; sie standen einander in dem morgenstillen Garten gegenüber und die lang zurückgehaltenen Worte strömten in einem bitteren Schwall aus ihr heraus.

„Die Welt hat sich weiter gedreht, während du ausgezogen bist, sie zu retten, Frodo Beutlin! Ich habe Kindern in die Welt geholfen und um jeden Kohlkopf und jede Karotte gekämpft, als in Hobbingen das Essen ausging, weil Lothos Männer die Leute bestohlen haben und er alles verkauft hat. Und immer, wenn ich alleine nach Hause ging, musste ich damit rechnen, dass er mir irgendwo auflauert oder seine Schurken hinter mir herschickt.“

„Lily...“ Frodo machte unwillkürlich einen Schritt nach vorne und streckte die Hand nach ihr aus. Sie schüttelte den Kopf und wich zurück.

„Er hat von uns gewusst... er hat uns beobachtet, er ist uns nachgeschlichen, damals auf dem Frühlingsfest. Er hat es mir ins Gesicht gesagt, an dem Abend, als er... als er...“

Ihre Stimme brach. Sie sah ihm in die Augen und rang um Fassung; sie kämpfte gegen den heftigen Drang, ihn mit der schrecklichen Wahrheit über ihre Schande und mit ihrem tief verborgenen Zorn zu treffen. Sie biss die Zähne so fest zusammen, dass ihr Kiefer schmerzte.

„Ich hab den Schmerz und die Angst ertragen, und ich hab die Mütter besucht und dem Schicksal gedankt, dass sie mir immer noch gaben, was immer sie konnten, um mir zu helfen, unsere Speisekammer zu füllen...und ich habe durchgehalten und es irgendwie geschafft, zu warten. Dann bist du endlich zurückgekehrt, und in ein paar wenigen Wochen sind all die Hoffnungen auf ein Leben mit dir, die ich mir trotz allem bewahrt hatte, zu Asche verbrannt. Ich kann nicht mehr! Wenn du noch irgend etwas für mich übrig hast, dann lass mich in Frieden.“

Sie hielt inne, erschöpft von ihrem Ausbruch. Sein Gesicht war tödlich grau und der Schmerz in seinen Augen weckte ein Echo in ihrem Herzen, das ihr die Brust zusammenkrampfte. Ihr Atem ging keuchend und sie kämpfte gewaltsam das Schluchzen nieder, das in ihrer Kehle hochstieg.

„Ich gehe jetzt nach Hause. Sag Rosie und Sam, ich werde morgen nach dem Rechten sehen. Bis dahin wird sich Frau Kattun sicher großartig um alles kümmern.“

Lily drehte sich um, trat durch das Gartentor und ging den Bühl hinunter. Sie hörte, wie er noch einmal ihren Namen rief, aber sie schaute nicht mehr zurück.

*****

Rosie saß in ihrem Bett, auf einen Berg weicher Kissen gestützt; Klein-Elanor schlief tief und fest in ihren Armen. Es war zwei Tage her, dass Lily ihr gezeigt hatte, wie sie ihre Tochter stillen musste (Rosie hatte das ihr Leben lang bei anderen Müttern gesehen, aber sie war überrascht, als sie zum ersten Mal den suchenden Mund spürte, den Gaumen und die Rosenblattlippen, die mit eifriger Kraft saugten). Jedes Mal, wenn sie auf das vollkommene, kleine Gesicht herunterschaute, wurde sie wieder überwältigt von einer warmen Woge aus Liebe, Bewunderung und Staunen.

Wunde Knie, müde Hände
Ob mir heiß ist, ob ich frier
Die Füße schwarz von Gartenerde,
Komm ich nach Haus zu dir.

Das war Sam. Er kniete draußen unter dem Fenster des Schlafzimmer, eifrig damit beschäftigt, das neue Narzissenbeet mit Steinen einzufassen. Rosie konnte die gelben Blütenköpfe fröhlich über dem Fensterbrett nicken sehen, und die Stimme ihres Mannes wetteiferte mit der sprudelnden Tonfolge einer Amsel im alten Apfelbaum.

Mit müdem Rücken, steifen Fingern
Die Lider schwer – ich weiß, wofür
Die Arme voll mit guten Gaben
Komm ich nach Haus zu dir.

Es klopfte leise an der Tür.

„Herein.“

Es war Herr Frodo. Sie hatte ihn nur zweimal gesehen, seit das Baby geboren worden war; natürlich war er gekommen, um seine Glückwünsche auszusprechen und einen Blick auf die neue, winzige Hausgenossin zu werfen. Aber danach hatte er sich zurückgezogen, um der jungen Familie genügend Zeit zu geben, sich an die veränderte Situation zu gewöhnen. Er sah müde und blass aus; wieder zu viel Schreiberei und zu wenig Schlaf, dachte Rosie. Draußen erhob sich Sams Stimme, ein freudiger Gegensatz zu der offensichtlichen Erschöpfung seines Herrn.

Daheim ist, wo das Feuer brennt
Und wo man mich beim Namen nennt
Mein Fuß, der jeden Schritt schon kennt
Führt mich nach Haus zu dir.*

„Hallo, Rosie. Geht es dir gut?“

„Sehr gut, danke schön. Ehrlich gesagt geht es mir viel besser als du aussiehst.“ Es war als Scherz gemeint, aber Rosies Lächeln erstarb ziemlich rasch. Sie sah zu, wie sich Herr Frodo neben das Bett setzte, und ohne nachzudenken fragte sie:

„Möchtest du sie mal nehmen?”

„Wie... ja, danke, gern.“ Er nahm das kleine Bündel und stützte Elanors Kopf mit seiner Armbeuge; es war ganz sicher nicht das erste Mal, dass er ein Kind hielt. Sie sah, wie sich sein Gesicht leicht aufhellte, als er die feinen Züge betrachtete, die sahneweiße Haut und die kleinen Fäuste.

„Sie ist wunderschön“, sagte er leise, „Sie ist das schönste Baby, dass ich je gesehen habe, und ich habe während meiner Kindheit im Brandyschloss nicht wenige gesehen.“ Er gluckste. „Ich erinnere mich, dass ich Peregrin Tuk kurz nach seiner Geburt im Arm hielt. Er hatte kaum Haare und sah aus wie ein schlecht gelaunter kleiner Frosch.“ Er hob den Blick und sie sah das Zwinkern in seinen Augen. „Ich habe den schrecklichen Fehler begangen, mit meinem ersten Eindruck direkt vor seiner Mutter herauszuplatzen, der höchst respektablen Eglantine Tuk, Gattin des Thain.“

„Oh nein!“ Rosie lachte. „Was ist passiert?“

„Ich bin ihrem Zorn um Haaresbreite entkommen, aber ich wurde bis zu meinem nächsten Geburtstag nicht mehr eingeladen, und der war fast ein Jahr später.“

Von draußen kam ein Geräusch, das sie verdächtig an ein belustigtes Schnauben erinnerte, und Frodo wandte seinen Kopf zum Fenster.

„Komm rein, Samweis Gamdschie!“ rief er, „Du solltest inzwischen wissen, dass du nicht sehr geschickt darin bist, mich von den Blumenbeeten aus zu bespitzeln, ohne entdeckt zu werden!“

Sams Kopf erschien über dem Fensterbrett, ein breites Grinsen auf dem Gesicht und einen Schmierer brauner Erde quer über die Nase.

„Ich nehm mal an, du hast recht, Herr“, sagte er, „es war sowieso eine schlechte Angewohnheit. Ich wasch' mir bloß die Hände und Füße, dann bin ich da.“

Zehn Minuten später hörten sie seine Schritte näher kommen und er erschien auf der Schwelle, Hände und Füße sauber geschrubbt und sein Haar ein wenig feucht. Er schloss die Tür und setzte sich hinter Rosie auf das Bett, eine Position, die er mit Vorliebe einnahm, seit er Vater war, weil er dann „alle beide von seinen Frauen“ gleichzeitig umarmen konnte. Rosie lehnte sich dankbar gegen seine Schulter, und wieder bemerkte sie Herrn Frodos Blässe und den Ausdruck der Ruhelosigkeit, die sein Gesicht dieser Tage scheinbar nie verließ. Er öffnete den Mund, um zu sprechen, und noch ehe sie das erste Wort gehört hatte, wusste sie bereits, was er sagen würde.

„Erinnerst du dich, dass ich dich gebeten hatte, etwas für mich herauszufinden?“

Rosie nickte, und plötzlich wurde der klare Frühlingsmorgen mit all seinen Versprechungen von der Geschichte eines kalten, grausamen Dezembertages überschattet, erzählt von der zitternden, tränenerstickten Stimme von Margerite Boffin.

„Und... hast du?“

Sie holte tief Atem.

„Ja, hab ich.“ Sie schloss die Augen. „Würdest... würdest du mir bitte Elanor wiedergeben?“

Er gehorchte wortlos und sie drückte das schlafende Baby an ihre Brust, getröstet von dem kleinen Gewicht in ihren Armen und Sams beruhigender Gegenwart. Sie zog Kraft aus beidem, und Kraft war das, was sie im Augenblick am meisten brauchte.

„Vielleicht hat der meiste Ärger angefangen, als Lotho Pickel die Menschen ins Auenland brachte“, begann sie langsam. „Er war wenigstens immer noch ein Hobbit – trotz seines seltsamen Benehmens. Die... die waren rüde und brutal, und nach ein paar Monaten fingen sie an zu stehlen... Essen, Wein und Bier, und sogar Geld... obwohl es in Hobbingen nicht viel Geld zu finden gab. Viele von denen mit den größeren Geldbeuteln waren schon fort gegangen, um bei ihrer Verwandtschaft zu leben, als sie merkten, dass der Wind sich drehte.“

Sie streichelte mit der Fingerspitze sanft über die samtige Wange ihrer Tochter.

„Ich hab in den letzten Wochen ein paar Fragen gestellt“, sagte sie, „und ich hab auch ein paar Antworten bekommen. Abgesehen davon, dass er sich aufgeführt hat wie ein kleiner Tyrann, hat Lotho selber anscheinend nicht mehr gemacht als junge Frauen zu belästigen... aber das muss er schon getan haben, bevor er endlich Hand an Beutelsend legen konnte.“

Sie hob ihren Blick zu Herrn Frodo und sah den Zorn in seinen Augen.

„Er hat es auch bei Lily versucht“, beantwortete er ihre unausgesprochene Frage. „Einmal im Juni 1417 und dann wieder im April 1418, in dem Frühling, ehe ich fort ging. Glücklicherweise war ich jedes Mal zur Stelle.“

Rosie schluckte; zum ersten Mal begriff sie, was ihre Neuigkeiten ihm wahrscheinlich antun würden.

„Niemand konnte mir irgendwas über Lily sagen“, fuhr sie fort, „bis vor drei Tagen. Meine Mutter und Sam hatten ein Fest für mich vorbereitet, und viele Mütter und Mädchen kamen her, wenn du dich erinnerst.“

Sam lachte leise hinter ihr.

„Du hast dich in deinem Studierzimmer verbarrikadiert, sobald die erste Gruppe kichernder Weiber den Smial stürmte.“ sagte er.

Frodo warf ihm einen amüsierten Blick zu.

„Ich kam sofort heraus, als du geklopft und mir gesagt hast, dass Rosies Wehen angefangen haben!“

Bevor Sam mit dem herausplatzen konnte, was wahrscheinlich eine ziemlich herzhafte Antwort geworden wäre, schnitt Rosies Stimme ihm das Wort ab.

„Erinnerst du dich, wie Margerite Boffin sich den Tee über das Mieder gekippt hat? Ich wollte ihr mit diesen Häkchen helfen und ihr eine von meinen Blusen geben, aber sie wollte nicht einmal, dass ich mit ihr in das Gästezimmer gehe. Als ich mit der Bluse wiederkam, machte sie die Tür kaum einen Spalt auf, aber ich hab gesehen, was sie mich nicht sehen lassen wollte... eine Narbe auf ihrer Brust, und die sah genauso aus wie die, die du mir beschrieben hast, Herr Frodo.“

„Was denn für eine Narbe?“ fragte Sam. „Wer...?“

„Später, Lieber.“ erwiderte Rosie, eifrig bemüht, ihren bitteren Bericht so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. Sie tätschelte ihm die Hand. „Ich hab sie dazu gebracht, die Tür aufzumachen, und ich sagte ihr, dass ich noch jemand anderen mit genau der gleichen alten Verletzung kenne. Sie wurde so blass wie saure Milch, und dann fing sie an zu weinen und die ganze Geschichte kam heraus.“

Wieder hielt sie inne und suchte in dem friedlichen, träumenden Gesicht ihrer Tochter nach Kraft und Ruhe. Sam änderte leicht seine Position und seine Arme hielten sie ein klein wenig fester, aber er sagte nichts. Herr Frodo saß völlig reglos da, die Augen halb geschlossen. Sie konnte die schmerzhafte Spannung in seinem Körper spüren, auch ohne dass sie ihn berührte.

„Lothos Männer haben sie nach Beutelsend entführt, kurz nach Jul in dem Jahr, in dem du fort gegangen bist, und dort ist Lotho über sie hergefallen.“ Sie hörte Sam nach Luft schnappen, aber Herr Frodo gab keinen Laut von sich. Sie sah ihm geradewegs in die Augen. „Kennst du Margerite Boffin?“

„Nicht besonders gut“, erwiderte er mit einigem Zögern. „Ein hübsches junges Ding, schlank... ihr Haar ist... braun?“

„Ja“, erwiderte Rosie, „es ist kastanienbraun, um genau zu sein, und sehr lang.“

Sie sah, wie das Verstehen in seinen Augen aufdämmerte... und das Entsetzen.

„Oh nein...“ flüsterte er. „Nein. Rosie, du willst mir doch nicht sagen, dass diese Grobiane sie verwechselt haben mit...“

„Warte.“ Sie spürte, wie Sam hinter ihr den Rücken straffte. „Meinst du...“

„Ja, ganz genau.“ Rosies Stimme war müde. „Sie hatten Befehl vom ,Baas’, der Hebamme aufzulauern. Lotho sagte ihnen, dass sie sich geirrt hatten, aber er missbrauchte Margerite trotzdem. Und ein paar Wochen später erwischten sie endlich die ,richtige’ Frau. Lily fiel ihnen in die Hände, als sie ihre Runde machte. Sie brachten sie nach Beutelsend, und dort hat ihr Lotho das gleiche angetan wie Margerite.“

Ein langes Schweigen. Das Gesicht des Herrn war weiß und ausdruckslos, aber als er sprach, war seine Stimme vollkommen ruhig.

„Woher kommen diese Verletzungen, Rosie?“

Sie schluckte.

„Von seinen Zähnen“, flüsterte sie. „Er hat sie gebissen, alle beide.“

Die Luft war schwer; beide, Herr und Gärtner, starrten sie an, ihre Gesichter seltsam ähnlich in ihrem Unglauben und ihrem kaltem Zorn. Endlich sprach Sam, seine Stimme tief, heiser und beinahe unhörbar.

„Jetzt begreif ich, warum Lily an diesem Morgen im letzten Oktober weg gerannt ist.“ sagte er. „Erzähl mir, wie hat sie zuerst reagiert, als du ihr die Brosche gezeigt hast?“

Rosie runzelte die Stirn. „Sie... meine Güte, du hast Recht. Erst hat sie sich richtig gefreut... aber als ich erwähnt hab, dass Chrysantheme sie im Studierzimmer gefunden hat...“

Eine kleine Bewegung fing ihren Blick ein. Sie sah, dass Herr Frodo sein Gesicht in beiden Händen vergrub. Das ist zuviel für ihn, dachte sie. Aber für Lily war es auch zuviel. Und er muss es doch wissen.

„Das Studierzimmer.“ sagte Sam grimmig. „Glaub mir, Liebes... das ist das allererste Mal, dass ich mir wünsche, Lotho wäre noch am Leben.“ Er schauderte und rang schwer um Fassung. „Denn dann hätte ich die Möglichkeit, ihn selbst umzubringen.“

Frodo jedoch sagte nichts. Er erhob sich wortlos von seinem Stuhl, drehte sich um, verließ das Zimmer und schloss die Tür hinter sich.

Sam versuchte aufzustehen, aber Rosie hielt ihn zurück.

„Nein“, sagte sie sanft, aber entschieden. „das ist eine Schlacht, die kannst du nicht für ihn schlagen. Lass ihn in Ruhe.“

*****

Am ersten April saß Frodo Beutlin in seinem frisch renovierten Studierzimmer. Lilys Brosche lag vor ihm auf der polierten Schreibtischoberfläche. Rosie hatte sie ihm vor ein paar Minuten gebracht; es war der erste Tag, an dem sie wieder aus dem Bett war.

Bevor sie ging, drehte sie sich noch einmal um und zögerte.

„Was ist denn, Rose?“

„Weißt du, Lily hat niemandem... davon... erzählt, bloß Margerite.“ Sie schaute auf seine Hände hinunter; er folgte den sanften Umrissen des weißen Einhorns mit den Fingerspitzen. „Ein Woche, nachdem es passiert war, ist sie zu Margerite gegangen, und sie zeigte ihr die Narbe, um sie zum Reden zu bringen. Margerite hat mir gesagt, dass Lily sich die ganze Geschichte anhörte, dass sie festhielt und tröstete. Und Margerite hat sich furchtbar geschämt, weil sie dachte, sie hätte sie warnen sollen. Aber ich – und ich kenne sie, seit sie ein kleines Mädchen war – ich hatte keine Ahnung. Niemand hatte eine Ahnung.“

Sie lächelte schwach; ihre Augen waren dunkel und traurig.

„Sie muss schrecklich einsam gewesen sein, meinst du nicht?“

Die Tür hatte sich hinter ihr geschlossen und er saß schweigend da und starrte auf die Brosche hinunter. Rosies Worte waren ein Befehl gewesen, so klar und unmissverständlich wie nur irgend einer, den er während der Fahrt von Aragons oder Faramirs Lippen gehört hatte.

Sie ist einsam gewesen, sie ist verängstigt und unglücklich. Jetzt kümmere dich darum und hilf ihr.

Er seufzte.

Sein Blick streifte durch das Zimmer. Seine alte Möbel waren auf Merrys Karren nach Hause gekommen und hatten ihre vertrauten Plätze wieder eingenommen; die Wände waren frisch gestrichen und die Fliesen auf dem Boden glänzend und sauber. Ein neuer, runder Teppich mit einem Streumuster aus eingewebten, zarten Gänseblümchen und Glockenblumen lag unter dem Tisch. Der alte war in Stücke gerissen worden, als die Nazgûl das Haus in Krickloch gestürmt hatten, und der, den Lotho hier hingelegt hatte...

Da. Es geschah wieder, wie es so oft geschah, seit er es wusste. Er sah Lily vor seinem inneren Auge, sah ihr bleiches Gesicht und hörte ihre bittere Stimme, als sie mit ihm in der Dämmerung im Garten von Beutelsend gesprochen hatte.

„Er hat von uns gewusst... er hat uns beobachtet, er ist uns nachgeschlichen, damals auf dem Frühlingsfest. Er hat es mir ins Gesicht gesagt, an dem Abend, als er... als er...“

Hatte sie versucht zu entkommen? Hatte Lotho sie mit seiner lüsternen Attacke überrascht, oder hatte sie es kommen sehen, völlig seiner Gnade ausgeliefert und ohne jede Chance auf eine Flucht?

Frodo hörte seinen eigenen Atem, der schwer und mühsam kam; seine Kehle schmerzte von den hilflosen Flüchen, die er nicht aussprach, seine Finger zuckten unter dem mörderischen Drang, den Hals seines Feindes zu finden und das zu tun, was er wahrscheinlich schon in jener schicksalhaften Nacht damals im April hätte tun sollen, als Lily zum ersten Mal von Lotho überfallen worden war.

Er ist weg. Er ist jetzt außer Reichweite. Aber sie ist es nicht... noch nicht. Und du weißt nur zu gut, wie es sich anfühlt, wenn dir das Herz in der Brust abstirbt. Aber das darf ihr nicht geschehen. Nicht Lily.

Er straffte den Rücken,

„Rose?”

Sie erschien erstaunlich schnell. Es war, als hätte sie hinter der Tür darauf gewartet, dass er die lang überfällige Entscheidung traf, das zu tun, was ihr stilles Zutrauen von ihm erwartete – einfach weil es getan werden musste, von ihm und von ihm allein.

„Herr Frodo?”

„Ich brauche deine Hilfe, meine kluge Rose“; sagte er. „Ich möchte, dass Lily irgendwann die nächsten Abende den Bühl heraufkommt, abseits von ihrer üblichen Runde. Sie wird sich wahrscheinlich weigern, wenn sie weiß, dass diese Einladung von mir kommt.“

„Recht hast du“, Sie lächelte ihn an, ein Lächeln voller Einverständnis und Respekt, das ihm das Herz wärmte und seinen Geist erhob. „Aber so lange du weißt, was du ihr sagen wirst, werde ich schon einen Weg finden, sie herzubringen. Vertrau mir.“

„Das tue ich, Rose.“ versicherte er ihr. „Glaub mir, das tue ich.“

*****

Rosies Plan war einfach, aber wirkungsvoll; als Lily kam, um sie und das Baby zu untersuchen, nutzte die junge Mutter einen Moment, als die Hebamme aus dem Zimmer war und sich die Hände wusch, um ihre Tasche zu durchsuchen. Sie wusste, dass Lily immer ein halbes Dutzend weicher Lederbeutel mit frischen und getrockneten Kräutern für alle möglichen Zwecke darin aufbewahrte, und Rosie hatte genug Ahnung, um die Kräuter auseinander zu halten. Als Lily wiederkam, fragte sie nach dem Bad aus Rosskastanie und Weidenrinde, das Lily für die jungen Mütter gemacht hatte, die sie betreute. Rosie wusste, dass es sich nicht in der Tasche befand, und dass Lily etwas davon aus dem Stolzfuß-Smial holen musste.

„Könntest du mir heute Abend etwas davon bringen?“ fragte sie mit vollkommener Unschuld. „Ich bin mit Sam und Elanor hinunter zum Hof gefahren, um meine Eltern zu sehen, und jetzt kann ich kaum noch sitzen, ohne dass es weh tut.“ Sie warf ihrer Freundin ein Grinsen zu, das wohlüberlegt zwischen Verlegenheit und Ironie schwankte und wartete mit angehaltenem Atem

Lily zögerte.

„Kannst du nicht Sam vorbeischicken? Ich würde es ihm mitgeben.“

„Oh... er ist heute in Michelbinge, und er wird vor Sonnenuntergang nicht zurückkommen. Wäre das denn so schwierig für dich?“ Ein wenig Erstaunen, ein Hauch Verletztheit, gerade genug, um es glaubwürdig zu machen.

Lily rieb sich die Stirn. Rosie sah die dunklen Ränder unter den Augen ihrer Freundin, die feste Linie ihres Mundes und die bitteren Spuren in ihrem müden Gesicht. Für einen Augenblick hätte sie ihre kleine Verschwörung beinahe aufgegeben, aber dann stählte sie sich.

„Kommst du?“

„Ich werde es versuchen.“ sagte Lily endlich. Fünf Minuten später ging sie, und nach einer kurzen Pause schlüpfte Sam in den Raum. Er trat hinter den Schaukelstuhl, umarmte seine Frau und stützte sein Kinn auf ihren lockigen Kopf.

„Bist du sicher, Mädel, dass wir das Richtige tun?“

„Ich hoffe es.“ Rosie küsste die Hand auf ihrer Schulter. „Meine Mutter wird überglücklich sein, unseren Sonnenstern zu verwöhnen; und wenn wir zurückkommen, brauche ich Lilys Bademischung wahrscheinlich wirklich.“Sie lächelte ihren Mann an.

„Ganz ruhig, Lieber... jetzt können wir nur noch warten.“

*****

Es war bewölkt, als Lily an diesem Abend das Gartentor von Beutelsend öffnete. Die Blätter von Sams schönen, neuen Rosenbüschen waren silbern vom Regen. Sie roch den starken, belebenden Duft von Rosmarin und das reiche Aroma nasser Erde, und als sie vor der grünen Tür stand – jetzt frisch gestrichen und mit einem Türknauf aus poliertem Messing – schüttelte sie die Tropfen von ihrer Kapuze.

Niemand antwortete auf ihr Klopfen. Der Smial war still, und sie sah weder Lampen noch Kerzen in einem der Fenster. Lily verfluchte im Stillen Rosies Überredungskunst – sie konnte den Beutel mit der Kräutermischung nicht einfach auf der Türschwelle liegen lassen. Man musste sie benutzen, so lange sie noch frisch war, und wenn Rosie sie nicht fand, würde sie nichts mehr nützen und sie würde warten müssen, bis Lily ihre Vorräte wieder aufgefrischt hatte.

„Rosie? Bist du da?“

Immer noch keine Antwort. Lily zögerte. Es würde nur eine Minute brauchen oder zwei, um einzutreten und den Beutel auf den Küchentisch zu legen. Nur ein, zwei Minuten, nicht mehr. Und wenn er wirklich zu Hause wäre, dann wäre er doch längst gekommen und hätte ihr die Tür geöffnet, oder nicht? Mit einem tiefen Seufzer drehte sie den Türknauf und trat ein.

*****

Es war das erste Mal seit langem, dass sie hierher kam, ohne in der Dunkelheit durch die Korridore zu hasten oder sich in einem Zimmer zu verstecken, wie sie es während der Zeit getan hatte, als sie krank war. Rosie hatte ihr die Mahlzeiten in der kleinen Kammer serviert, in der sie schlief, und Lily hatte sich selbst jede weitere Erforschung verboten; sie wollte nichts sehen, sie wollte die Erinnerung nicht wecken. Und als Elanor geboren wurde, hatte sie das Geburtszimmer von dem Nachmittag, an dem sie eintraf, bis zur Dämmerung, als das Baby seinen ersten Atemzug tat, nicht verlassen.

Alles war überaus sauber. Der große, ovale Teppich war makellos, die Fliesen hatten einen üppigen, rötlichen Schimmer, der vom großzügigen Gebrauch von Bürste, Seife und Wachs sprach. Es gab allerdings ein paar Veränderungen... kleine Tische neben den Fenstern, einer davon dekoriert mit einem Blumentopf, der von rosafarbenen Primelblüten überquoll. Ein anderer stand neben dem Kamin, dicht neben einem neuen Schaukelstuhl, und Rosie hatte offenbar eine gerade erst angefangene Stickarbeit dort liegen lassen. Fast gegen ihren Willen ging Lily hinüber und berührte den kleinen Stickrahmen mit der Fingerspitze. Feiner, dünner Stoff, und die Nadel stak in etwas, das, wenn es fertig war, eine winzige gelbe Blume sein würde.

Sie eilte mit raschen Schritten hinüber in die Küche. Der Tisch war reingeschrubbt, eine leere Schüssel stand in der Spüle und Handtücher hingen auf dem Gestell. Lily legte den Beutel mit der Kräutermischung auf den Tisch und wandte sich ab, um zu gehen.

Wolken, Regen und die sinkende Abenddämmerung hatten das Licht schwach und grau werden lassen; als sie die Eingangshalle erreicht hatte und auf dem Weg zur Tür war, hörte sie ein leises, zischendes Geräusch, und dann flammte auf der anderen Seite des Raumes ein helles, goldenes Licht auf.

Es war die Lampe. Die Lampe, die er immer als Zeichen dafür benutzt hatte, dass sie kommen konnte... und er war zu Hause. Er war da, und er stellte die Lampe auf das Fensterbrett, wie er es zahllose Male zuvor getan hatte.

Wie entsetzlich dumm sie gewesen war, hier herzukommen.

Er wandte sich in ihre Richtung, ein dunkler Schattenriss mit einer warmen Stimme.

„Guten Abend, Lily.“

„Guten... guten Abend.“ Beinahe drei Jahre, und alles, was sie wollte, war so schnell wie möglich zu flüchten.

“Was tust du hier?“

„Ich... ich hab Rosie ein paar Kräuter gebracht. Und ich muss sofort wieder gehen.“

„Immer noch bei deiner Runde? Ich dachte, um diese Tageszeit wärst du damit fertig.“

„Ja, aber da liegt eine Mutter in den Wehen, drüben in Wasserau“, stammelte sie verzweifelt. Es gab keine Mutter und auch kein Baby, das heute Nacht zur Welt kommen sollte, aber das konnte er nicht wissen. „Ich muss jetzt gehen.“

„Wirklich?“ Er kam näher, und sie spürte, wie sie zurückwich.

„Wirklich... ich muss gehen.“ Sie eilte auf unsicheren Beinen an ihm vorbei; ihre Hand zitterte, als sie sie nach dem Türknauf ausstreckte.

„Lily.“ Der sanfte Ton schnitt durch ihre wachsende Panik.“ „Lily, bitte. Bleib bei mir. Ich habe darauf gewartet, mit dir zu reden... schon lange.“

„Es gibt nichts, worüber wir zu reden haben. Ich hab dir gesagt, du sollst mich in Frieden lassen.“ Sie sprach durch zusammen gebissene Zähne und kämpfte mit aller Gewalt gegen den Drang an, zu schreien... und wegzulaufen. Sie musste ruhig bleiben – oder die gesamte Barriere, die sie während des letzten Jahres aufgerichtet hatte, würde niederbrechen und sie unter den Felsbrocken ihrer versteinerten Schande begraben.

„Nein, Liebes... das kann ich nicht.“ Sie spürte seine Hand auf ihrem Arm und stand stocksteif und schwer atmend da. „Ich kann das nicht länger mit ansehen.“

„Was mit ansehen?“ Es war Wahnwitz, zu bleiben, und Wahnwitz, zu fragen.

„Die Art, wie du dich selbst zerstörst. Du musst mit mir reden. Du musst, Lily, oder es wird mir nicht möglich sein, dir zu helfen.“

„Du kannst mir nicht helfen“, flüsterte sie, die Kehle zugeschnürt und am ganzen Leib zitternd. „Das kann niemand. Bitte... lass mich gehen.“

„Du bestrafst dich selbst für etwas, das nie dein Fehler war, nicht?“ Jetzt war sein Ton beinahe streng. „Versuch nicht mich zum Narren zu halten. Du hast die Dunkelheit meiner tiefsten Verzweiflung gesehen – wenigstens hast du mir das gesagt – und jetzt bitte ich dich, mir die deine zu zeigen. Glaub mir, ich kann es ertragen, ich habe weit mehr ertragen als das.“ Seine Hand glitt ihren Arm hinauf und schloss sich mit einem sanften, unerbittlichen Griff um ihre Schulter. „Komm mit mir, jetzt.“

Er führte sie durch die Eingangshalle, und plötzlich verstand sie, wo er hinging. Die Tür des Studierzimmers kam näher und wurde größer und größer, bis sie Lilys gesamtes Blickfeld ausfüllte. Sie blieb stehen und wehrte sich gegen seinen Griff, zurückscheuend wie ein panisches Pony.

„Nein.“ Ihre Stimme war schrill und dünn. „Nein. Da geh ich nicht hin.“

„Wieso?“ Er hielt ihren Blick fest, und als sie wegzuschauen versuchte, hob er ihr Kinn an. „Wieso, Lily? Sprich mit mir.“

Lily schüttelte heftig den Kopf. Sie konnte spüren, wie der Schmerz sich näherte wie ein Erdrutsch, all die lang eingedämmten Gefühle, all die Qual und Furcht. Sie musste hier weg, oder sie würde es nicht länger zurückhalten können. Mit einer gewaltigen Anstrengung gelang es ihr, seine Hände abzuschütteln; sie drehte sich um und strebte blind der grünen Tür entgegen, aber dann trugen ihre Beine sie nicht länger und sie sank auf dem Teppich zusammen. Sie hörte ein raues, pfeifendes Geräusch und begriff mit einem plötzlichen Schock, dass das ihr eigener Atem war. Eine Hand flog nach oben und schloss sich um ihre Kehle.

„Lily.“ Er kniete neben ihr und hielt ihren Körper aufrecht. „Lily. Erzähl mir davon, sprich darüber, bevor du an der Erinnerung erstickst. Lily, bitte!“

Sie rang nach Luft, und nun kam die Mauer herunter, unerbittlich und mit voller Wucht. Von weit her hörte sie jemanden schreien und erkannte kaum ihre eigene Stimme. Das leise Geräusch des sich drehenden Schlüssels... „Jetzt bin ich an der Reihe.”… Amaranths Kräuteralphabet, ein zusammenbrechender Schild gegen das Gewicht von Lothos Körper und seine brutale Kraft… Baldrian zur Beruhigung… das stille Gesicht ihres Vaters auf dem Kissen… der schockierte Gesichtsausdruck ihrer Mutter… Pfefferminz und Rosmarin für den erfrischten Geist… die schwarzen Augen eines Zauberers… Sie krümmte sich zusammen, und die einzige greifbare Wirklichkeit in diesem Wirbelsturm grausamer Bilder und überwältigenden Entsetzens waren die Arme, die sie festhielten. Sie klammerte sich an ihn, das Gesicht in seine weiche Weste gedrückt; ihre Finger krallten sich in sein Hemd, und endlich überließ sie sich dem Schmerz.

*****

Frodo Beutlin kniete auf dem Boden und hielt die junge Frau an sich gedrückt. Er lauschte dem bitteren, ungehemmten Strom von Worten und machte gar nicht erst den Versuch, die Tränen zu trocknen, die endlich angefangen hatten, das Gift in ihrem Herzen fort zu waschen. Er murmelte leise und beruhigend, er liebkoste ihr Gesicht und strich ihr das Haar glatt. Er wiegte ihren bebenden Körper, bis das heftige Weinen zu vereinzelten Schluchzern wurde und endlich in Stille verebbte. Sie schlief in seinen Armen ein, ausgehöhlt und erschöpft. Draußen hörte der Regen auf und die Wolken öffneten sich vor einem blassen, sternenübersäten Himmel und der Silbersichel des Halbmondes. Sam und Rosie kamen nach Hause und brachten den süßen Geruch des nassen Gartens mit sich, und sie schauten ihn an, die Augen erfüllt von einer zögernden Hoffnung.

Er begegnete Rosies Blick mit einem geisterhaften Lächeln und beantwortete die Frage, die sie nicht zu stellen wagte.

„Ich denke, wir haben den Stachel herausgezogen... jetzt gibt es vielleicht die Möglichkeit für sie, heil zu werden.“ Er hielt inne und sah auf das stille Gesicht in seinem Schoß hinunter. „Was immer auch kommen mag, ich werde nie zurückzahlen können, was ihr für mich getan habt... für mich und für Lily. Sie sollte sich jetzt ein bisschen ausruhen, und der neue Tag wird zeigen, was als nächstes kommt.“

Er fing Rosies Hand ein und küsste sie mit großer Ehrerbietung.

„Ich danke dir, Rose.“ sagte er leise. „Danke, aus tiefstem Herzen.“

„Es war mir ein Vergnügen, Herr“, erwiderte sie mit einem Gesicht, das vor Freude strahlte. „Ich mach ihr ein Bett fertig.“

Zehn Minuten später trug Lily ein Nachthemd von Rosie und lag in einem der Gästezimmer. Rosie und Sam zogen sich zurück, aber Frodo saß neben Lily, bis die Dämmerung anbrach und bewachte ihren Schlaf.


*Das Lied wurde von Mariposa geschrieben. Vielen Dank, dass ich es benutzen durfte!


Top           Stories            Nächstes Kapitel           BISG-Seite              Home