Heimat der Sterblichen (Long home for mortals)
von jodancingtree, übersetzt von Cúthalion


Kapitel 3
Eine Höhle im Hügel

Sam wanderte unter den Bäumen herum und kaute das frische Obst. Es schmeckt wie nichts auf Erden, dachte er mit einem Grinsen. Eine komische Art, es auszudrücken, und in diesem Fall vollkommen wahr. Es schmeckte besser als alles auf Mittelerde oder auf Tol Eressëa. Der Saft tropfte ihm über das Kinn, und er wischte ihn mit dem Handrücken ab und tat einen Satz, um noch mehr vom nächsten Baum zu pflücken.

Er machte einen Freudensprung; es gab jede Menge Obst in müheloser Reichweite, aber seine Knie wollten sich beugen und ihn mit einem Hüpfer zwischen die Zweige schicken, einfach, weil es ihn so entzückte, das zu tun. Er warf den Butzen weg und sprang gleich noch einmal. Er bekam einen Ast hoch über dem Boden zu fassen und schwang hin und her.

Er schaute in die Tiefe. Ganz hübsch hoch oben, Sam Gamdschie. Wahrscheinlich brichst du dir ein Bein, wenn du los lässt... aber du kannst dich nicht umbringen, alter Junge – du bist schon tot! Er lachte und ließ sich leicht zu Boden fallen.

Na schön. Er konnte sich eine ganze Weile damit unterhalten, dass er in diese Bäume hinein- und wieder hinaus sprang, aber er wollte wirklich Frodo finden. Und Rosie! Rosie sollte hier irgendwo sein. Plötzlich hatte er es eilig. Er lud sich die Taschen mit so viel Obst voll, wie hinein passte – er war nicht wirklich hungrig, aber es tat nie weh, einen Essensvorrat zur Hand zu haben – und schlenderte vom Fluss fort auf das zu, was auch immer hinter diesem Baumwäldchen lag.

Am Saum der Bäume stieg der Boden zu einem grasigen Abhang an, höher als sein Kopf. Er ging am unteren Rand entlang, auf der Suche nach einem Pfad, und plötzlich stolperte er über einen Stein. Ein kleines Rechteck aus groben Pflastersteinen, und in den Hügel eingefügt war eine runde, blaue Tür. Eine Tür, und daneben ein kleines, rundes Fenster.

Eine Hobbithöhle? Was konnte es sonst sein? Nun, er hatte gehofft, andere Hobbits zu finden, und scheinbar war es jetzt soweit. Plötzlich verspürte er eine unerklärliche Scheu. Er wischte sich die noch immer klebrigen Hände an den Hosen ab und fuhr sich mit den Fingern durch das Haar. Dann trat er vor und klopfte an die Tür.

Sie flog auf, als hätte sein Klopfen sie angestoßen, und ein Wirbelwind wehte aus der Höhle hinaus und hinein in seine Arme.

„Sam, Sam, Sam, Sam!“ rief der Wirbelwind atemlos und drehte ihn im Kreis herum, bis sie in einem schwindeligen Haufen im Gras landeten.

„Ja, also... ich bin auch froh, dich zu sehen, Rosie!“ sagte er, während er flach auf dem Rücken lag. Er schaute zu ihr hoch und staunte. Dies war nicht die Rosie, die er während ihrer letzten Krankheit gepflegt hatte, das Gesicht voller Falten, bleich und alt, das Leiden, das sie nicht zugeben wollte, deutlich in den Augen. Selbst damals war sie für ihn wunderschön gewesen.

Noch war dies die Rosie, die er geheiratet hatte, als sie neben dem kleinen Mallorn auf der alten Festwiese daheim stand. Jung und lieblich war sie gewesen, glühend wie nur irgendeine Braut. Aber diese Rosie...

Alterslos. Vom Tod befreit. Strahlend und zärtlich, leuchtend, großartig – oh, er konnte es niemals in Worte fassen, nicht, wenn er es den ganzen Tag über versuchte. Seine Rosie.

Also, nein. Nicht seine Rosie, nicht mehr. Es gab nur einen Herrn hier, und seine Gedanken hatten mit noch anderen Dingen zu tun als mit nur ihm und Frodo. Zum ersten Mal, seit die Musik ihn geweckt hatte, spürte er einen Misston. Was war mit ihm und Rosie?

„Es ist nicht weniger, Sam,“ sagte sie ruhig. „Es ist mehr.“

„Was denn, Mädel?“

„Die – die Nähe, Sam. Es ist, weil wir alle an ihn gebunden sind, wir alle zusammen... deshalb sind wir auch alle miteinander verbunden. Er macht uns alle eins, und die Liebe geht durch jeden und alles hindurch... oh, du wirst sehen. Warte, und du wirst es sehen.“

Er nahm ihre Hand und fuhr mit der Fingerspitze darüber und an jedem ihrer Finger herunter; er drehte sie um und folgte sachte den Linien in ihrer Handfläche. Er hob ihre Hand an die Lippen und küsste sie.

„Ist es besser, Mädel? Wirklich?“

„Wirklich, Sam. Du wirst sehen.“ Sie stand auf, zog an seiner Hand und er erhob sich ebenfalls. „Du hast gerade Frodo verpasst,“ sagte sie. „Er war hier, mit Pippin. Sie kamen, um ihm ein paar Kleider zu holen.“

Sam starrte sie an. „Kleider? Wieso haben sie nicht gewartet?“

„Na ja, ich nehm’ an, sie wussten nicht, dass du so bald kommst. Sie sind losgezogen, um nach dir zu suchen, in der Stadt. Nach dir und nach Merry.“ Sie lachte entzückt. „Frodo war so lustig! ,Sag kein Wort, Rosie,’ sagte er. „Ich bin genauso, wie Er mich gemacht hat. Hast du hier irgendwas, was ich anziehen kann?’ Mit ein paar Kleidern am Leib sah er viel behaglicher aus!“

„Du willst doch nicht sagen, dass er nackt herumlief? Ich wette, dass ihm dabei unbehaglich war! Aber wieso?“

Rosie zuckte die Achseln. „So hat er sich selbst vorgefunden, als er aufwachte, das ist alles. Der Sohn hat ihm gesagt, er soll sich nicht schämen – oh, und Sam, seine Hand ist geheilt! Sein Finger ist nachgewachsen!“

„Ist er das?“ Sam packte sie und wirbelt sie noch einmal herum. „Das wird ihn glücklich machen, das wird es, mehr als irgend was anderes! Komm schon, Rosie, wo, hast du gesagt, sind sie hin gegangen? Gehen wir ihnen hinterher!“


Top          Nächstes Kapitel          Stories          Home