Kleine Juwelen
von Shirebound


Das Herz einer Heilerin

Quidditch. Schon wieder. Es war ja nicht so, dass Studenten nicht getragen oder gestützt wurden, oder dass man sie hereinschweben ließ, um sie zu sehen… auch ohne dass dieses elende Spiel seinen Teil dazu tat, ihr die Betten mit Verletzten zu füllen. Nicht, dass sie einen dieser merkwürdigen Ausflüge auf einem Besenstiel nicht von Zeit zu Zeit selbst genossen hätte, aber in vernünftigem Tempo, und ohne einen dieser erbärmlichen Tagediebe, der dabei auf sie hinunterstieß. Und es war auch nicht so, dass die Schüler ihren Anteil an Kratzern und Wunden nicht schon auf dem festen Boden abbekamen. Zwischen magischen Geschöpfen, die bissen und spuckten, zwischen Zaubern, die fehl gingen (oder absichtlich abgefeuert wurden, was schlimmer war), zwischen Kindern, die vergiftet wurden, oder verflucht – wer hätte so etwas je gedacht? Gar nicht zu reden von Dementoren, die man nie und nimmer in die Nähe einer Schule hätte lassen sollen…   

Poppy Pomfrey war wütend, aber die lebenslange Übung, ihre Gefühle im Zaum zu halten, ließ sich nicht verleugnen. Eine Lebenszeit des Pflegens und Heilens, nie Furcht vor ihren Patienten zu zeigen oder einen Mangel an Vertrauen, oder irgendwen zu bevorzugen… nicht einmal dieses einen, der einen besonderen Platz in ihrem Herzen innehatte.  

Ein Schädelbruch. Und was, wenn sie ihn ein paar Minuten später gebracht hatten, als sie es taten? Der Junge wäre fast gestorben – nicht, dass sie ihm das jemals erzählen würde. Da war so viel, was er vielleicht niemals wissen würde, diese Waise, diese tapfere, starke und doch so furchtbar zerbrechliche Seele. Sie konnte ihn nur für einen knappen Tag und eine Nacht beschirmen, und dann würde es zurück in den Unterricht gehen, weg von der Sicherheit und dem relativen Frieden des Krankenflügels.  

„Dir geht es bald wieder gut,“ murmelte sie. Sie wusste, Harry konnte sie nicht hören. Sie legte eine sanfte Hand auf die Stirn des bewusstlosen Jungen, über die Narbe, die keine ihrer Fähigkeiten jemals zu heilen vermochte. Er hatte kein Fieber, die Knochen unter den Verbänden heilten rasch, und er wurde im Schlaf gehalten, bis der blendende Schmerz nichts mehr sein würde als ein lästiges Unwohlsein. Es war alles, was sie tun konnte, alles, was sie je für ihre Kinder tun konnte, all diese reizenden Jungen und Mädchen, dazu gezwungen, so viel schneller erwachsen zu werden als sie es sollten. 

Sie konnte ihr besorgtes Gemurmel hören, all die Freunde, die sie auf den Gang hinaus geschickt hatte, während sie sich um Harry kümmerte und es ihm bequem machte. Madam Pomfrey stand auf, jede Spur von Zartgefühl einmal mehr hinter dem professionellen Gesicht verborgen, das sie fast jeden Tag und jede Minute trug. Auf diese Weise war es leichter – für sie und für die Jugendlichen, die ihrer Fürsorge anvertraut waren. Dies hier war ihre Aufgabe. Sie erfüllte sie gut, und sie würde es immer tun, so lange sie gebraucht wurde.


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