Der Preis der Freiheit (The Price of Freedom)
von Erin Lasgalen, übersetzt von Cúthalion


Prolog
Vorspiel in Helms Klamm

Im hohen Alter schauen viele Männer auf den Bogen ihres Lebens zurück und sehen alles, was ungetan geblieben ist, alles, was vielleicht hätte besser vollbracht werden können, all ihre Fehler und alles, was zu kurz gekommen ist.

Dies gilt nicht weniger für Frauen.

Aber in der vollkommenen, rückblickenden Einsicht vieler Jahre sehe ich einen Schlüsselmoment, in dem die Entscheidung für all meine kommenden Wege mich möglicherweise eine andere Straße entlang geführt hätte, wenn ich nicht der würgenden Gier nach einem letzten Atemzug frischer Frühlingsluft nachgegeben hätte, am Vorabend der Schlacht in der Hornburg.

Eowyn von Rohan

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Sie stand auf dem höchsten Turm von Helms Klamm unter der Schallöffnung des großen Hornes und beobachtete, was wahrscheinlich ihr letzter Sonnenuntergang auf dieser Seite der Ewigkeit sein würde. Sie zählte noch nicht ganz vierundzwanzig Winter, aber sie fühlte sich so alt wie die Knochen des Berges unter ihren Füßen… und mit jeder Faser ebenso kalt und trostlos.

Sie hätte unten sein und Ordnung unter die Frauen und Kinder in den Höhlen unter der Festung bringen sollen, sie sollte sicherstellen, dass sie für die kommende Belagerung Nahrungsrationen und Wasser hatten. Sie hatte die letzten drei Stunden damit verbracht, alle Dorfheiler und Hebammen zusammen zu treiben und ein improvisiertes Feldlazarett zu errichten; die Kinder hatten die Aufgabe, übrige Lumpen von wo auch immer für Verbandsmaterial einzusammeln.

Die Rationen, die in der Klamm lagern, werden nicht nötig sein, dachte sie abwesend. Alles würde sich auf die eine oder andere Weise innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden entscheiden. Sie sah zu, wie der untere Rand der Sonne den Horizont berührte.

Ich werde die Sonne an diesem letzten Abend meines Lebens versinken sehen, bevor ich zum Wehrgang hinuntergehe, um in diesem Bau zu sterben wie ein in die Ecke getriebenes Kaninchen.

Sie lächelte grimmig und korrigierte ihren letzten Gedanken. Nicht wie ein in die Ecke getriebenes Kaninchen. Sie würde mit einem Schwert in der Hand sterben, während sie unter der Klamm die Hilflosen verteidigte. Es würde kein Herumschleichen mehr geben, kein Verstecken. Sie würde sich nicht mehr auf Schatten stürzen, aus Furcht, dass jeder tote Winkel Gríma Schlangenzunge verborgen hielt. Kein schräges, anzügliches Grinsen mehr, keine seelenvergiftenden Worte und kein ach so zufälliges Streifen von Hand und Körper, wenn er vorüberging. Keine schleichenden Schritte mehr und kein unterdrückter, schwerer Atem vor der verriegelten Tür zu ihren Zimmern.

Nur die Erinnerung an die Alpträume blieb bestehen.

Sehr bald würde sie außerhalb der kalten, schaudernden Reichweite der Träume sein, die so viel mehr gewesen waren als Träume, jenseits des Entsetzens, das verschlossene Türen und das Heiligtum ihres eignen Willens durchbrach.

Es hatte vor beinahe einem Jahr als ein undeutliches Flüstern in ihrem Hinterkopf begonnen, eine vage, schattenhafte Gegenwart, die sich in gute Träume drängte und ihren Schlaf aus dem Gleichgewicht brachte. Die Stimme war während der langen Wachen in den bitterkalten Winternächten stetig stärker und zu einem greifbaren Ding geworden. Zum Schluss hatte sie angefangen, die atemlosen Worte in ihren wachen Stunden zu hören. Jeden Morgen kam sie frierend zu sich, als hätten eisige Hände ihren Körper liebkost, während sie schlief. Jeden Morgen erwachte sie mit einer Übelkeit, die tief in ihrem Magen kreiste, als zöge sich irgendeine unsichtbare Schlinge um ihren Hals zusammen.

Es war vier Tage her, dass ihr Onkel das Gift und Galle speiende Ungeheuer aus Edoras verbannt hatte, seit Hoffnung und Rettung in der Form von vier abgerissenen, in Elbengrau gekleideten Wanderern eingetroffen war. Es war fünf Tage her, dass sie sich am Vorabend von Éomers Verbannung zu einem erschöpften, gramgequälten Schlaf niedergelegt hatte, während der Schmerz über Théodreds Tod sich in ihr wie eine gezackte Klinge drehte. Es war fünf Tage her, dass Gríma ein letztes Mal in ihren Träumen zu ihr gekommen war.

Sie hatte es niemandem erzählt. Was hätte sie auch sagen sollen?

Onkel, ich hatte einen schrecklichen Traum. Ich träumte, dass Gríma zu mir kam, während ich schlief, und ich tat alles, was er von mir wollte. Er lag bei mir, wenn auch nur in der Welt der Träume. Und schlimmer noch, er beugte meinen Willen mit seiner üblen Hexerei, so dass ich ihn willig empfing. Ich habe es genossen, Onkel.

Es gab keine Worte, die sie benutzen konnte, um laut von solcher Schande zu sprechen, und niemandem, den sie liebte, würde sie dieses Wissen aufbürden. Noch immer hatte sie keine ganze Nacht geschlafen, ohne in einer Lache aus Schweiß zu erwachen, eine Faust in den Mund gerammt, um ihre Schreie zu ersticken. Sie schloss die Augen und zwang Gedanken und Erinnerung zurück, bevor sie zu zittern begann wie ein Blatt im Sturm. Sie musste noch ein wenig länger damit leben.

Sie öffnete die Augen, nachdem sie ein gewisses Maß an dumpfer Ruhe wiedergewonnen hatte, sah auf den Wehrgang hinunter und suchte die winzigen Gestalten nach einem vertrauten Gang oder einer vertrauten Haltung ab. Sie fand ihren Onkel, der an der abfallenden Mauer des Burgfrieds entlang strich und zu dem Mann neben sich hinüber gestikulierte. Aragorn schaute zu den schlammigen Ebenen hinüber, die sich unterhalb der Festung erstreckten und sagte etwas zu ihrem Onkel, seine Haltung ernst und angespannt.

Aragorn, Sohn des Arathorn.

Sein bloßer Anblick schien die eiskalte Hand von Übelkeit und Entsetzen zu verbannen, die unaufhörlich wie ein Schraubstock ihr Herz zusammenpresste.

Er war.

Er schien alles einzuschließen, was an den Menschen am wertvollsten war. Krieger, Herr, Hauptmann der Menschen, furchtlos im Angesicht des Bösen. Aber nicht so hochstehend und zurückgezogen von niedrigerem Volk, dass er unnahbar wäre. Da war eine Wärme, ein inneres Licht in ihm. Es zog sie und jeden, der seinen Weg kreuzte, hinein in den unbewussten Zauber, den er um sich wob. Er schien zu ihr in der wortlosen Sprache des Herzens zu reden, zu flüstern, dass auch sie frei sein könnte, stark und tapfer. Dass sie sich eines Tages wieder rein fühlen könnte und vollständig. All diese Dinge lagen in ihrer Reichweite, wenn sie nur ihre Hände ausstreckte und sie ergriff. Es schien ihr die erste seufzende Narrheit einer Jungfer zu sein, daran zu denken, dass sie so viel für ihn empfinden konnte, nachdem sie ihn weniger als eine Woche kannte. Aber sie tat es. Sie tat es. Er war mehr als sie je imstande gewesen wäre heraufzubeschwören, hätte sie ihn selbst erdacht. Er war alles, was sie je erstreben oder womit sie hätte wetteifern mögen. Wäre er auch nur einen Tag eher zur Goldenen Halle gekommen, sie hätte ihn vielleicht so geliebt, wie eine Frau einen Mann liebte.

Aber von der Liebe einer Frau war ihr nichts geblieben. Kein Seufzen, kein Wünschen, kein Verlangen. Gríma hatte alles genommen und nach seinem Willen verdreht.

Das schwindende Sonnenlicht auf ihrem Gesicht schien zu verblassen, als würde es durch fehlerhaftes, schmutziges Glas gefiltert. Es spielt keine Rolle, dachte sie. Sehr wahrscheinlich würde Aragorn bald sterben, gemeinsam mit ihrem Onkel und ihr und allem, was von ihrem Volk blieb, in blutige Stücke zerhackt von den stechenden, gezackten Schwertern der Orkarmee des Weißen Zauberers.

„Meine Herrin?”

Beim Klang dieser leisen Stimme machte sie einen Satz wie ein verschrecktes Wild. Sie drehte sich auf dem Absatz, um den Besitzer anzusehen und kniff die Augen zusammen. Es gab nur eine schmale Wendeltreppe, die zum Hornturm hinaufführte. Sie hatte sie nie aus den Augen verloren, während sie dastand und den Sonnenuntergang beobachtete. Wie war er ihr unbemerkt so nahe gekommen?

„Wie---” begann sie… und dann hielt sie inne, gab seinen fragenden Blick kalt zurück; sollte er doch aus den Männerkleidern, den Waffen, die sie trug und dem glänzenden Schwert an ihrer Hüfte schließen, was er wollte. Sie war entdeckt, ihr Plan bloßgelegt. Wenn er sich entschloss, ihr Geheimnis zu verraten, dann war gerade noch genug Zeit, sie in die Höhlen zurück zu scheuchen wie ein ungehorsames Kind. Sie studierte ihn genau. Sie hatte während der Tagesreise von Edoras lange mit seinen Gefährten gesprochen. Aragorn hatte den größten Teil ihrer Aufmerksamkeit auf sich gezogen, aber sie hatte eine Menge Zeit damit verbracht, den Erzählungen des Zwergen Gimli von weit entfernten Ländern und fremden Völkern zuzuhören. Meister Gimli hatte bei ihr sofort die Stellung eines lange verlorenen Onkels eingenommen; sie erwärmte sich für seinen schroffen, leutseligen Humor und vergaß für eine kurze Weile all die Dunkelheit in ihrem Herzen.

Der Elb allerdings war für sie fremd und unnahbar geblieben, wortkarg, immer auf der Hut und wachsam während des langen Marsches nach Helms Klamm. Sarumans jahrelange, verleumderische Gerüchte hatten das Volk von Rohan gelehrt, die Erstgeborenen zu fürchten und ihnen zu misstrauen, und er schien das Unbehagen der Leute zu spüren und wahrte Distanz. Sie war sicher, dass sie in den Tagen seit der Ankunft von Gandalf und seinen Gefährten in der Goldenen Halle kaum so viel wie ein Wort mit ihm gewechselt hatte. Er betrachtete sie, keinen lesbaren Ausdruck auf seinen schönen Zügen, außer vielleicht einer milden Neugier.

„Woher wusstet Ihr, dass ich hier bin?” fragte sie rüde und ohne jede Einleitung.

„Ich habe Euch von unten gesehen.” sagte er. Für einen Moment zuckten seine Lippen. „Ihr habt meine Aufmerksamkeit erregt, weil Ihr euch nicht wie ein Mann bewegt. Dann sah ich Euer Gesicht und habe Euch erkannt.” Er legte ganz leicht den Kopf schräg, stand aber ansonsten mit steinerner Reglosigkeit, wie ein Mann, der versuchte, ein wildes Fohlen nicht zu verängstigen. Das knappe Lächeln glättete sich zu etwas, das seltsam sanft war. „Herrin”, sagte er mit einer leiseren Stimme, „Ihr müsst nicht befürchten, dass ich Euren Verwandten Euer Geheimnis verrate.”

Mit einem würdelosen Seufzer der Erleichterung stieß sie den Atem aus, von dem sie nicht gewusst hatte, dass sie ihn anhielt. Sie öffnete den Mund, um ihm zu danken, und sah ihn an… zum ersten Mal sah sie ihn wirklich an. Das erste, was sie begriff, war dies: aus der Nähe betrachtet war er nicht nur gut aussehend, er war schön. Seine Schönheit war von einer Art, die in den Augen wehtat. Wäre er vor acht Jahren nach Edoras gekommen, ich wäre bei seinem Anblick wohl in Ohnmacht gefallen, dachte sie. Sein Gesicht war das ungekünstelte Abbild knabenhafter Schönheit, das Ideal eines jeden jungen Mädchens, aber da gab es eine unheimliche Eigenschaft, die nicht menschlich war. Oder mehr als menschlich. Seinem Blick länger als für einen flüchtigen Moment zu begegnen, ließ sie sich darüber wundern, wie sie ihn jemals für einen jungen Mann hatte halten können. Er war weder das eine noch das andere. Die allzu strahlenden Augen in diesem schönen, jugendlichen Gesicht waren bodenlose Brunnen von Erinnerung und Zeit. Es waren keine sterblichen Augen.

„Sie haben die Barrikade vor den Höhlen vor einer Stunde versiegelt”, sagte er und riss sie aus ihren Gedanken. „Welchen Ausgang habt Ihr benutzt?”

Sie runzelte die Stirn, einmal mehr unsicher über seine Absichten. Bevor sie antworten konnte, entdeckten seine Augen unter der Krümmung des großen Hornes die offene Luke mit der verborgenen Leiter.

„Ach, ich seh’s!” Er ging um sie herum und beugte seinen Kopf über die Öffnung; wieder lächelte er auf diese gedämpfte Art. „Gimli hat bereits ein halbes Dutzend solcher Durchgänge in den unteren Ebenen gefunden, die uns die Bewegung von einem Abschnitt des Burgfrieds in den anderen erlauben, allesamt unbeobachtet. Er sagt, er denkt, dass es noch viel mehr gibt, aber wir haben keine Zeit, sie alle zu suchen.” Er trat von dem Schacht zurück und drehte sich wieder zu ihr um. „Öffnet diese hier sich so wie die anderen nur von innen und zeigt von außen keine Spur davon, dass es sie gibt?”

„Ja” sagte sie. Ein Gedanke hatte langsam in ihrem Geist Form angenommen, während sie sprach. „Ihr habt vor, die Durchgänge während der Schlacht zu unserem Vorteil zu nutzen.”

Er nickte knapp. „Wir sind wenige, also müssen wir härter kämpfen, aber auch mit mehr Schläue. Tatsächlich ist es Gimlis Idee. Er sagt, es ist eine alte zwergische Strategie, die eigene Bauweise zu benutzen, um Bögen um eine angreifende Armee zu schlagen.

„Ich weiß von vielleicht zwanzig solcher Durchgänge und verborgenen Türen!” sagte sie schnell. „Bevor er starb, hat mein Vater zwei Jahre damit verbracht, diese Festung wieder in Stand zu setzen. Meine Familie hat hier den Sommer verbracht, während die Arbeit voranging. Éomer und ich haben eine ganze Unzahl von geheimen Türen und Gängen entdeckt, während wir hier gespielt haben.”

Sie starrte ihn verblüfft an, als er sich plötzlich in die Kiesel der steinernen Turmplattform setzte und in dem kleinen Beutel herumkramte, der um seine Taille gebunden war. Er bedeutete ihr, sich ebenfalls hinzusetzen, während er eine kleine Pergamentrolle und einen Kohlenstift hervorzog.

„Das habe ich seit Bruchtal”, sagte er und breitete das Blatt flach zwischen ihnen aus, als sie sich neben ihn setzte. „Ich hätte es vielleicht schon vor langer Zeit weggeworfen, hätte Herr Elrond mich in seiner Voraussicht nicht gebeten, es zu behalten.” Er schaute mit einem ausgewachsen verschwörerischen Lächeln zu ihr auf, das sie an Éomer erinnerte, wenn er einen Streich im Schilde führte, als sie noch klein waren. Es tat nichts dazu, den unirdischen Schein seiner fremdartigen Augen zu dämpfen, aber es ließ ihn warmer und handfester erscheinen. Weniger ein Geschöpf der Mythen. „Werdet Ihr mir eine Karte der verborgenen Wege zeichnen, Herrin – so gut Ihr könnt?”

„Ihr müsst mich Éowyn nennen”, sagte sie. Ein allmähliches Glühen der Erregung wallte in ihr auf, ein zündender Funke der Hoffnung. Konnte das Volk der Mark die Nacht vielleicht überleben? Konnten sie die Hornburg gegen den Anschlag halten, der über sie hereinbrach?

„Éowyn also,” sagte er zustimmend, „wenn Ihr mich Legolas nennen wollt.”

Sie saßen beinahe eine halbe Stunde, während sie die Geheimnisse von Helms Klamm aus dem Gedächtnis skizzierte und eine Art grobes Diagramm anfertigte, bis die Sonne eine goldene Sichel war, die hinter den weit entfernten Bergen starb.

„Gehabt Euch wohl”, sagte er endlich, „ich muss Gimli sagen, dass ich das von Euch habe. Er wird in einen Starrkrampf verfallen, wenn er glaubt, dass ein Waldelb mehr über Helms geheime Steinmetzarbeit herausgefunden hat als er.” Er lachte nicht laut, aber seine Schultern bebten von unterdrücktem Vergnügen.

„Oder vielleicht werde ich ein Weilchen warten und zusehen, wie er vor sich hinschimpft, und…” Er brach ab und spannte sich neben ihr an wie ein Pferd, dass den Geruch von sich sammelnden Wölfen wittert. Mit gewichtsloser Leichtigkeit sprang er auf die Füße und hob dabei ihre improvisierte Karte auf. Sie kam hoch und folgte seinem Blick in Richtung der dunkelnden Ebene nach Süden. Sie konnte nichts sehen. Sie schaute zu ihrem Gefährten hinüber und beobachtete fasziniert, wie sich seine Pupillen weiteten wie die einer Katze und nur eine dünne blaue Linie am Rand zurückließen. Mit solchen Augen musste er im Dunkeln so gut sehen können wie ein Tier.

„Sie kommen.” hauchte er.

„Könnt Ihr sie sehen?” Sie wandte sich zurück und blinzelte im schwachen Licht.

„Ich höre sie“, sagte er grimmig. „Die Erde stöhnt unter ihren Füßen.“ Er wandte sich um und sah sie an. „Ich muss hinuntergehen und all dies Wissen an den König weitergeben, und auch an Aragorn.“ Er runzelte leicht die Stirn. „Es hat harte Worte zwischen uns gegeben, zwischen Aragorn und mir, vor einer Stunde. Ich sollte ihn um Vergebung bitten, bevor wir dieser Schlacht gegenübertreten.“

„Ich werde mit Euch gehen“, sagte sie und streckte die Hand nach dem Helm aus, den sie mit großer Sorgfalt in der Waffenkammer gewählt hatte. Er verbarg ihr Gesicht, ohne ihr Blickfeld zu behindern.

„Nein“, sagte er schlicht. „Das werdet Ihr nicht.“ Sie starrte ihn schockiert an. „Ihr müsst wieder auf dem selben Weg in die Höhlen zurückgehen, den Ihr benutzt habt, um sie zu verlassen.“ Mit einem Gesicht, das vor Zorn erbleichte, sah sie zu, wie er sehr entschieden zwischen sie und die Turmtreppe trat.

„Werden Elben so schnell wortbrüchig?“ Als sie sich erholt hatte, spie sie ihm die Frage entgegen. „Ihr habt gesagt, Ihr würdet mich nicht verraten!“

„Ich sagte, ich würde Euer Geheimnis nicht an Eure Verwandten und Euer Volk verraten“, sagte er ruhig. „Ich habe nicht gesagt, dass ich Euch hinuntergehen lasse, um in der ersten Verteidigungslinie zu kämpfen. Nicht heute Nacht. Nicht in dieser Schlacht.“

„Ihr könnt mich nicht aufhalten!“ sagte sie durch zusammengebissene Zähne.

„Doch, ich kann“ sagte er flach. „Ich bin stärker und schneller als Ihr, und ich habe viele menschliche Lebensalter Erfahrung als Krieger. Wenn Ihr mich dazu zwingt, werde ich Euch bewusstlos schlagen und Euch diese dunkle Leiter hinunter in Sicherheit zerren.“

Sie machte eine Bewegung auf ihn zu, und er musste die schiere Macht ihrer Wut deutlich spüren, denn er lehnte sich erschrocken auf die Fersen zurück, als sie mit weniger als dreißig Zentimetern Abstand zwischen seiner Nase und der ihren durchbohrend zu ihm hinaufstarrte.

„Versucht es!“ zischte sie.

Er starrte hinunter auf ihr weißes, wutentbranntes Gesicht und runzelte die Stirn. Nichts in seinen Zügen sagte, dass ihre Herausforderung ihn bewegte. Er schien zu versuchen, durch ihre Augen in ihre Gedanken hinein zu spähen. Konnten Elben Gedanken lesen? fragte sie sich mit einem eisigen Schauder. Nach einem Augenblick der Anspannung sagte er eine leise Verwünschung in seiner eigenen Sprache.

„Sterbliche können manchmal sehr närrisch sein“, sagte er, gleichsam zu sich selbst. „Herrin“, sagte er, bevor sie eine Antwort darauf hervorbrachte, „Éowyn. Ihr begreift nicht die Gefahr ---“

„Oh, natürlich nicht!“ sagte sie eisig, „Wie könnte ich auch genug Verstand haben, zu begreifen, dass wir alle in Gefahr sind, von einer Armee von Bestien ausgeweidet oder gefressen zu werden?! In Euren Augen mag ich eine Närrin sein, aber ich bin kein Feigling. Ich fürchte mich nicht davor, mein Leben zu lassen, während ich mein Volk verteidige! Ich habe diesen ganzen Nachmittag zugesehen, wie mein Onkel den Männern befohlen hat, Schwerter in die Hände elfjähriger Jungen zu drücken, die zu klein sind, um ihre Waffen auch nur hochzuheben. Da draußen sind Kinder in Eurer ,ersten Verteidigungslinie’ , denen ich dabei zugesehen habe, wie sie ihre ersten Schritte machten. Ich werde mich nicht in einem Loch verstecken wie ein feiger Schwächling, wenn ich stärker und viel fähiger bin als sie!“

Ihre Stimme hatte sich zu einem gedämpften Schrei erhoben. Ihr gesamter Körper zitterte unter der Macht der geballten Wut, die sie während all der Tage von Schlangenzunges Herrschaft wie gleichmäßige Dosen Gift geschluckt hatte. Sie konnte etwas Schreckliches spüren, das an der überdehnten Leine ihrer Selbstbeherrschung zerrte. Es war ein schwarzer, wahnwitziger Hass, und jeder, der sie aufhielt nach so vielen Tagen und Nächten, in denen sie nur den mühsamen Atem ihres Onkels und den Lügen des bleichen Ungeheuers, seine verdrehten Halbwahrheiten und schmutzigen Zaubereien zur Gesellschaft gehabt hatte, würde ihm zum Opfer fallen.

„In vergangenen Zeiten sind die Frauen dieses Landes nie davor zurückgeschreckt, das Schwert zu nehmen, um ihre Familien zu verteidigen. Die, die nicht kämpfen konnten, haben sich in die Schwerter der Feinde geworfen, um ihre Kinder zu retten. Wenn Ihr denkt, ich sei närrisch, dann wisst Ihr nichts von sterblichen Frauen!“

„Ich habe nicht gesagt, dass Ihr närrisch seid“, sagte er ernsthaft, ohne einen Hauch von Zorn als Antwort in der Stimme. „Aber ich bin manchmal erstaunt über die menschliche Annahme, dass das Nichtwissen von harten – nein, von schrecklichen – Wahrheiten eine Art Schutz dagegen sei. Aber Ihr habt Recht, Éowyn von der Mark. Ich weiß sehr wenig von sterblichen Frauen. Also werde ich mit Euch umgehen, als wäret Ihr eine Frau aus meinem Volk. Ein sehr junger, sehr grüner Krieger, der erst noch im Kampf erprobt werden muss.“

„Eure Frauen kämpfen?“ Sie platzte mit der Frage heraus und kam seinen nächsten Worten zuvor, ehe er Luft holen konnte, um zu sprechen. Sie schloss abrupt den Mund und fühlte sich plötzlich jung und dumm unter seinem unendlich tiefen, silbernen Blick.

„Wie Bärenmütter, die ihre Jungen beschützen“, antwortete er leise. „Mein ganzes Volk lernt, mit dem Bogen und dem langen Messer umzugehen, ohne Ausnahme. Ihr sprecht so poetisch davon, Euch in ein Schwert zu werfen, um ein Kind zu retten. Ich habe unsere Frauen dies mit eigenen Augen tun sehen. Meine---“ Er hörte auf zu sprechen und sein Blick wandte sich nach innen, als zwänge er seinen Geist mit aller Macht fort von einem Bild der Erinnerung, was immer es auch sein mochte. Endlich schüttelte er den Kopf.“ Dies ist eine ganz andere Angelegenheit und hat mit dieser hier nichts zu tun. Elbenfrauen kämpfen nicht an vorderster Front. Nie. Ich werde bei diesem hier den Zorn Eurer Familie auf mich nehmen; es gibt Dinge, die Ihr und die anderen dort unten wissen müsst, bevor die Schlacht beginnt. Wenn alles verloren ist, werden die Orks die Kinder und die alten Frauen töten. Sie werden ihnen Glied für Glied ausreißen und auffressen, was übrig bleibt. Aber Euch und die anderen Frauen im gebärfähigen Alter werden sie nicht umbringen. Lebend seid Ihr für Saruman mehr wert.“

„Als---“ Sie schluckte hart und ein kalter Knoten der Furcht formte sich in ihrer Kehle. „Als Sklavinnen?“

Er sah sie unverwandt an, und seine nächsten Worte waren ein sachter Einklang von Entsetzen und Trauer. „Als Zuchttiere.“

Sie starrte ihn stumm an und spürte, wie ihr das Blut aus dem Gesicht wich, als das volle Gewicht dieser kurzen Feststellung einzusinken begann.

„Falls er siegreich sein sollte, wird Saruman den Wunsch haben, die Ränge seiner Uruk-Hai nach dieser Schlacht zu vermehren“ sagte er. „Er hat mit ihnen herumgepfuscht und seine Zauberkraft dazu benutzt, eine bösartigere, zählebigere Orklinie zu schaffen. Aber wie alle von ihrer Art bringen die Uruk-Hai nur männliche Nachkommen hervor.“

„Und sie brauchen... Zuchtstuten?“ Etwas würgte sie in der Kehle; ihre Hand flog instinktiv an ihren Magen, als eine plötzliche Erkenntnis sich erhob und sie mit gnadenloser Klarheit traf wie ein körperlicher Schlag. „Die --- die Orküberfälle! All die abgelegenen Dörfer, die in den letzten paar Jahren ausradiert wurden!“ Die meisten der Leichen waren bis zur Unkenntlichkeit verbrannt gewesen, aber sie erinnerte sich jetzt mit vollkommener Einsicht an Háma, der in gedämpftem Tonfall mit ihrem Onkel sprach und ihm davon erzählte, dass allzu viele Leichen der jungen Frauen einfach – fehlten. „Saruman hat Gefangene nach---“

Gerta...

Gerta Fallastochter, das Kind eines der Freunde aus Théodreds Knabenzeit, hatte auf den offenen Grasebenen der Mark gelebt. Das Haus Fallas hatte seit undenklichen Zeiten die wilden Viehherden von Rohan gehütet und sie gegen Wölfe und Orks geschützt; sie trugen ihre Zelte auf den Rücken ihrer Pferde mit sich, zogen herum und legten sich niemals zweimal am selben Ort zum Schlafen hin. In besseren Zeiten hatte ihr Vetter Éowyn und ihren Bruder zu den Sommer-Zusammenkünften der Hirtensippen auf den Hochebenen mitgenommen. Gerta hatte sich auf der Stelle mit ihr angefreundet, wunderbarerweise völlig unbeeindruckt von Éowyns Status als Nichte des Königs, aber beinahe so verrückt nach schnellen Pferden und Schwertkampf wie Éowyn selbst.

Vor einem Jahr hatte Théodred die Halle betreten, sein Gesicht hart und unbeweglich wie behauener Stein. Éowyns erste Nachricht vom Tod ihrer Freundin und dem Massaker am gesamten Haus Fallas war gekommen, als sie Zeugin wurde, wie Théodred zu Füßen seines Vaters um die Erlaubnis flehte, einen Vergeltungstrupp anführen zu dürfen, um die Spur der Orkbande bis zu ihrem Lager zu verfolgen.

Diese faulen Viehhirten nehmen ihr Leben in die eigenen Hände; es ist ihre Entscheidung, auf den offenen Ebenen zu leben wie die wandernden Herdentiere, um sie sich kümmern! Schlangenzunges süßliche Stimme brannte sich in den stummen Schock ihrer Trauer wie Salz in eine aufgerissene Wunde. Ihr sagt, die jungen Frauen wurden verschleppt? Das ist das Werk einfacher Räuber, die ohne Zweifel längst auf und davon sind!

Und ihr Onkel, der zu jener Zeit nicht mehr wirklich ihr Onkel gewesen war, hatte dazu weise genickt. Théodred hatte die Halle verlassen, mit trockenen Augen und schrecklichem Gesicht, und er hatte niemals wieder ein freundliches Wort mit seinem Vater gewechselt. Obwohl zwischen Gerta und dem Prinz von Rohan ein Altersunterschied von sechzehn Jahren lag, liebte er sie und hätte sie zur Frau genommen, wenn sie beide diesen Sommer noch erlebt hätten.

Éowyn hob die Augen, um denen des Elben zu begegnen, und sie dachte, dass sie nun endlich begriff, wo Théodred gewesen war: an diesem Ort steingesichtigen Kummers, jenseits aller Tränen. Und doch... wenn man sie lebend gefangen genommen hatte...

„Die – die neuesten Gefangenen könnten immer noch in Orthanc sein! Sie leben vielleicht noch!“

„Nein“, sagte er mit sanfter Endgültigkeit. „Die... sie...“ Er brach ab und holte tief und bebend Atem, sein Gesicht so bleich wie das ihre. „Ich mache das nicht sehr gut! Bei meinem Volk wird über diese Schrecken nur zwischen Eltern und Kindern gesprochen. Und wir tun es nur einmal und dann nicht wieder. Ich bin noch unvermählt und daher noch nie mit dieser unglücklichen Aufgabe betraut worden.“

„Ihr macht es gut genug“, flüsterte sie. „Mein Onkel und mein Bruder lieben mich, aber sie hätten mich in dieser Angelegenheit blind und ahnungslos gelassen.“ Sie spannte ihren Kiefer an, um ihn am Zittern zu hindern, als Gertas Gesicht einmal mehr ihre Gedanken erfüllte. „Sagt mir alles. Ihr habt gesagt, die neuesten Gefangenen könnten nicht gerettet werden. Bringt das Austragen eines Ork-Kindes die Mutter um, oder tötet man sie hinterher?“

Er schauderte und seine Augen wurden trübe. „Ich habe mir diese Aufgabe ausgesucht, oder nicht?“ sagte er nach einem Augenblick des Schweigens. „Sagt nicht ,Mutter’. Orks haben keine Mütter. Sie haben Wirte. Orks übertragen ihre Brut auf die selbe Weise an die Gefangenen wie alle lebenden Geschöpfe, aber der Orkling ist kein Kind, er ist ein Schmarotzer. Er wächst in seinem Wirt und frisst ihn über ein halbes Jahr hinweg von innen auf, bevor er sich voll ausgewachsen seinen Weg in die Freiheit reißt. Zu dieser Zeit ist der Wirtskörper nicht mehr als eine Hülle aus Fleisch, eine Art Kokon.“ Er hatte rasch und fast mechanisch gesprochen, um die Worte so schnell wie möglich über seine Lippen zu zwingen. Jetzt starrte er in ihr totenblasses Gesicht und schluckte hart. Er sah plötzlich aus wie ein Junge von zwanzig, der gezwungen war, einem nahen Verwandten die Nachricht eines unzeitigen Todes zu bringen. „Der kleine Trost, den ich Euch anbieten kann, ist dieser: Nachdem sie diese Abscheulichkeit ein oder zwei Tage im Leib getragen haben, verlässt der Geist der Opfer diese Welt, obwohl der Körper in einer Vorspiegelung von Leben gefangen bleibt.“

Sie schüttelte widerspenstig den Kopf und klammerte sich an einen bemitleidenswerten Strohhalm der Hoffnung. Oh Gerta!

„Gib es überhaupt keine Hoffnung, wenn... wenn die... Verwandlung angefangen hat? Gandalf hat mir einmal gesagt, dass unter deinem Volk große Heiler sind, dass---“

„Wir haben nie eine Möglichkeit der Heilung gefunden“, sagte er leise. „Im ersten Zeitalter der Welt machte Morgoth, der einst der Meister des Dunklen Herrschers war, die ersten Orks aus elbischen Gefangenen. Diese... Art der Begattung und die Brutzeit ist ein Element schwärzester Zauberei, und sie wurde erdacht, um mein Volk als Wirte zu benutzen. Der Féa - die Seele - verschwindet. Die leere Hülle lebt als Wirt für die Bestie des Feindes weiter. Mein Volk... wir haben die manchmal segensreiche Fähigkeit, unseren Tod willentlich herbeizuführen. Die Verbindung zwischen Geist und Fleisch wird zerstört, wenn wir zerstört werden.“ Für einen Moment blieb er still. „Wir sterben ganz einfach.“sagte er endlich, die Stimme kaum mehr als ein Flüstern.

„Welch ein Glück für eure Frauen.“ sagte sie.

Sein Blick fing den ihren ein, und sie sah Trauer und einen plötzlichen, stillen und schrecklichen Zorn, der über seine Züge hinwegspülte, bevor er rasch verborgen wurde. Er hatte durch diesen einen Satz mehr gesehen und verstanden, als sie für möglich gehalten hatte. Er sagte nichts; er schien seine nächsten Worte mit großer Sorgfalt zu wählen. Dann seufzte er schwer. „Haben die Männer in den Höhlen ein Waffenlager zurück gelassen?“ fragte er endlich.

Sie nickte stumm.

„Um schlicht die Wahrheit zu sagen, als ich sagte, dass ich Euch unter Zwang hinunter in die Höhlen zerren würde, Herrin, da habe ich gelogen“ sagte er. „Aber ich flehe Euch an, geht nicht mit der vordersten Wache zur unteren Mauer. Der Kampf wird sehr rasch nahe und tödlich werden. Die Orks werden sich nicht durch das Lederwams täuschen lassen, mit dem Ihr Euch einschnürt, und auch nicht durch Euren Harnisch. Sie werden Euch als das wittern, was Ihr seid, und wenn der wahnwitzige Blutdurst nicht jeden anderen Gedanken überwältigt hat, dann werden sie versuchen, Euch lebendig gefangen zu nehmen.“

„Sie werden das selbe tun, wenn wir überrannt sind.“ sagte sie offen.

„Wenn sie zum innersten Kreis des Burgfrieds und durch die Barrikade vor den Höhlen brechen“, sagte er, „dann werden sie sich in einem tödlichen Blutrausch befinden. Ich sage nicht, dass Ihr Euren Harnisch abwerfen sollt, Éowyn. Ich bitte Euch, steht mit gezogenem Schwert hinter der Barrikade. Findet so viele junge Frauen, die mit einer Waffe umgehen können, wie Ihr könnt. Verteidigt die Kinder. Kämpft wie die Furien, wenn sie durchbrechen sollten. Wenn sie euch an Zahl überlegen sind, dann werden sie die gefährlichsten unter euch schnell töten. Ein tapferer, sauberer Tod.“ Er betrachtete sie genau. „Ich denke, sie werden Euch sehr gefährlich finden.“

Ein tapferer, sauberer Tod, seufzte der Schatten in ihrem Herzen sehnsüchtig. Ein Ende von Schmerz und Erinnerung. Sie verschloss ihre Augen vor dem Bild von Gerta und ihrer jüngeren Schwester, die in der Sonne lachten, ihr Haar vom Wind zurückgeweht, während sie auf den zweijährigen Fohlen über ein grünes Meer aus Sommergras dahinflogen. Oh Gerta! Oh gnadenvolle Herrin, wie sie gestorben sein musste! Und Gertas Schwester, die kleine Hannath! Sie war erst vierzehn gewesen, aber die Reiter hatten auch ihre Leiche nie gefunden.

Sie presste die Augen zusammen und hielt die Tränen auf, ehe sie zu fließen begannen. Eine sanfte, warme Hand berührte ihr Gesicht, und als sie die Augen wieder öffnete, sah sie, dass er dicht genug vor ihr stand, um sie zu küssen. Der Gedanke allein hätte sie zurückzucken lassen müssen, wie sie bei jeder zufälligen Berührung zurückgezuckt war seit... seit jener Nacht. Aber seine Hand auf ihrer Wange schien den Schmerz ihres zerrissenen Geistes, der innerlich an ihr zerrte, zu lindern.

„Éowyn“, murmelte er, „Es ist keine Schwäche, um die zu weinen, die Ihr geliebt habt.“

„Wenn ich jetzt anfange zu weinen, dann kann ich nicht mehr aufhören.“ Sie trat zurück, straffte sich ein wenig und brachte ihre bebenden Schultern mit schierer Willensanstrengung zur Ruhe. „Ich werde später weinen, wenn es denn ein Später gibt.“

Er lächelte auf sie hinunter, und es schien – obwohl es vielleicht eine Sinnestäuschung war – dass alles, was vom sterbenden Tageslicht übrig blieb, um ihn her zu einer weichen Aureole zusammenfloss. „Die goldenen Rosen von Rohan sind aus Stahl gemacht,“ sagte er, „und umso schöner durch ihre Stärke.“ Da war auch nicht das schwächste Flackern von unterdrücktem, männlichen Verlangen, das solche Komplimente sonst immer begleitete. Er betrachtete sie mit offener, unschuldiger Wertschätzung, wie ein Mann, der einen Sonnenuntergang bewunderte oder einen Garten in voller Blüte. Und irgendwie spürte sie, dass das größte Maß der Schönheit, das er an ihr wahrnahm, in ihrem Inneren lag. Für einen Moment sah sie sich selbst in den Mithriltiefen seiner Augen gespiegelt, stark und tapfer, rein und unbefleckt von groben, klammen Händen und dem Missbrauch ihres Geistes. Für diesen Blick allein hätte sie diesen Mann lieben können, der kein Mensch war, diese Erfindung aus Legende und Mondlicht, und wahrhaftiger noch als Aragorn, wäre sie nicht für solche Dinge verdorben gewesen.

Aber sie war verdorben.

Jetzt sah sie plötzlich mit völliger Klarheit, dass sie nie imstande sein würde, Aragorns Liebe zu erwidern, selbst wenn er ihr sein Herz mit beiden Händen anbot. In Wahrheit wäre sie vielleicht zurückgeschreckt, hätte er überhaupt irgendein Interesse jenseits brüderlicher Freundschaft gezeigt. Sie liebte ihn, soviel begriff sie plötzlich. Sie liebte ihn, wie ein Soldat einen großen König liebte. Sie würde ihn ans Ende von Mittelerde folgen, wenn er es zuließ. Aber sie wollte ihn nicht. Diese Tür war jetzt verschlossen, und vielleicht würde sie immer verschlossen bleiben. Sie wollte...

Sie wollte so sein wie er. Tapfer, stark und rein. Und frei. Wenn sie diese Nacht überlebte, konnte sie sich kein besseres Schicksal denken, als ihr Leben im Dienst von Isildurs Erben zu lassen. Der Gedanke an ein solches Ende gab ihr mehr Freude als irgend etwas seit langer Zeit, und sie lächelte wie heller, kalter Sonnenschein im tiefsten Winter.

Legolas lächelte nicht länger. Vielleicht besaß er ein gewisses Maß ererbter Elbenmagie, oder vielleicht hatte sich der Lauf ihrer Gedanken offen auf ihrem Gesicht abgespielt, aber er starrte sie mit Trauer und Schrecken an, als hätte sie laut gesprochen. „Éowyn“, sagte er leise und traurig, „lasst nicht nach.“

„Nachlassen?“ Sie runzelte verwirrt die Stirn.

„Sucht nicht Euren eigenen Tod. Auf der anderen Seite dieses großen Schattens liegt Hoffnung und Heilung für all Eure Wunden. Ich schwöre es!“

„Vielleicht.“ Und sie verfluchte sich selbst, als ihre Stimme brach. Es ließ sie wie ein kleines Mädchen kurz vor einem Tränenausbruch klingen. „Aber von dort, wo ich stehe, kann ich es nicht sehen!“

Er lächelte auf sie herunter und jetzt sah sie, dass der sanfte Glanz, der in der sich vertiefenden Dämmerung um ihn her strahlte, keine Einbildung war. Er leuchtete. „Dann vertraut mir. Ich bin ein Elb. Meine Weitsicht ist weit besser als die Eure.“ Er nahm ihre beiden Hände in die seinen und hielt sie so, dass ihre Handflächen zwischen ihnen nach oben gerichtet waren. „Ich werde Euch etwas sagen, was mein Vater mir vor langer Zeit gesagt hat, in der dunkelsten Stunde meines Lebens. Er hielt meine Hände auf die selbe Weise, und er sagte: ,Die Kraft, all deine Wunden zu heilen, die Finsternis zu vertreiben, die Welt zu ändern, wenn es nötig wird – all das ist genau hier.’“

Sie wandte den Blick nach oben, von ihren offenen Händen, die er umschlossen hielt, zu seinem zeitlosen, silbrigen Augen. Sie atmete langsam ein und spürte, wie ein Zittern durch ihren Körper rann, als die Worte in ihrem Geist und ihrem Herzen Halt fanden. Etwas hatte sich in ihr bewegt und auf eine grundlegende Weise geändert, die sie noch nicht verstand. Es war, als sei die Zukunft anders geworden, auch wenn sie noch gar nicht aufgeschrieben war.

„Ich werde Euch trauen“, sagte sie ruhig. „Ihr habt mir mehr von der Wahrheit erzählt als die, die ich mein Leben lang geliebt und auf die ich mich verlasen habe. Dafür, wenn auch nicht nur dafür allein, werde ich Euch Freund nennen, wenn Ihr mich nicht für zu kühn haltet.“

„Ich glaube“, sagte er ernsthaft, „es wäre eine große Tragödie, wärt Ihr jemals etwas Geringeres als kühn, Éowyn Elvellon.“

„Elvellon?“ wiederholte sie.

„Elvellon“, sagte er noch einmal. Sein Lächeln war wie die Sonne auf knospenden Blättern im Frühling, warm und voller Hoffnung, wie das Lächeln eines Kindes. „Es bedeutet Elbenfreund.“

Und trotz des Schicksals, das in Form von zehntausend gefräßigen Bestien über ihnen hing, trotz allem... irgendwie fand sie in ihrem Herzen die Kraft, zurück zu lächeln.

*****

Sie durchbrachen die Barriere kurz bevor die Dämmerung einsetzte. Das erste Dutzend kam nicht weit. Der Spalt, den sie in den Stein gerissen hatten und neuer Mörtel, den Gimli, Gloins Sohn benutzt hatte, um den Haupteingang zu den Höhlen zu versiegeln, erlaubte es nur einem Körper auf einmal, sich hindurchzuquetschen. Die Mädchen von den Tiefebenen östlich der Westfold erschossen sie mit ihren leichten Bögen; sie wechselten sich ab und lachten laut dabei. Es war ein schrilles, kindliches Geräusch, eine Mischung aus Erregung und fast hysterischem Entsetzen, und es hallte durch die grabähnlichen Höhlen wie das Klingeln blecherner Glöckchen.

Ihr Gelächter hielt nicht lange an. Andere Geschöpfe kamen, zu groß, um von reiner Orkrasse zu sein, und zu klein für Trolle; sie drängten sich gegen den Spalt und rissen die gezackten Ränder weiter auf. Erst viel später begriff Éowyn, dass sie die ersten fünf Minuten des wahren Kampfes nicht überlebt haben würde, wenn das riesige, namenlose Ding, das weder Ork noch Troll war, nicht halb in die Öffnung in der Barrikade gefallen wäre, den Körper von einem Dutzend Pfeilen durchbohrt. Dann kletterten die anderen über seinen gewaltigen Kadaver und die Schlacht begann. Die ersten Feinde pflügten sich einen Weg in ihre Richtung und hackten nach ihr, unbeholfen wie Metzgerlehrlinge.

Die Welt wurde kalt und still. Alle Bewegung rings um sie her schien sich zu verlangsamen und ihre Sinne schärften sich zu kristallener Klarheit. Sie sprang vor einem gedroschenen Hieb zur Seite und weidete ihren Gegner mit einem glatten Schnitt ihrer Klinge aus, dann wirbelte sie vorwärts, um dem nächsten Feind zu begegnen. Überall um sie herum hörte sie das Kreischen von Frauen und Mädchen, die seine Kumpane mit Bögen, Schwertern, Hämmern, Hacken und übel aussehendem Küchenmessern niedermachten. Frerya von Storhald gab einen Schrei reiner Wut von sich, als sie den Kopf des Orks vor sich in zwei Hälften spaltete. Wie Éowyn war Frerya eine Edelfrau, eine entfernte Base des Hauses von Eorl. Sie hatte den Umgang mit dem Schwert gelernt, wie es Tradition war für alle hochgeborenen Frauen von Rohan. Viele Damen – tatsächlich waren es die meisten – lernten die zeremoniellen Schwerttänze und die alten Kampfessitten, um den überkommenen Bräuchen zu gehorchen, und sie lernten wenig, das tatsächlich nützlich war. So wie es aussah, hatte Frerya viel gelernt.

All diese Dinge trugen sich in der Zeitspanne von einem Dutzend Herzschlägen zu. Sie nahm sie am Rande wahr, aber als sie ihr Schwert durch den Hals des zweiten Orks stieß, spielte all das keine Rolle mehr. Ein kalter, gnadenloser Zorn, fast ein lebendiges Ding, ergriff von ihr Besitz.

Der trostlose Kummer der letzten zwei Jahre, all ihre hilflose Wut, als Théoden versagte und Schlangenzunge sich rittlings über seinem niedergestreckten Leib zur Macht erhob, als Vernunft und Recht in der Goldenen Halle allmählich auf den Kopf gestellt wurden, das Licht, das in Théodreds Augen erstarb, als er in ihren Armen den letzten Atemzug tat, das Gefühl von Grímas geisterhaftem Körper, der sich über ihrem bewegte, die Erinnerung daran, wie sie unter dem Zwang des Traumzaubers vor Vergnügen aufgeschrieen und ihn jedes Mal angefleht hatte, sie noch einmal zu nehmen, die Erinnerung an eine strahlende Gerta, klar wie das Gemälde eines Künstlers, die in vollem Galopp neben ihr ritt, während sie unter der goldenen Sonne vor Lachen kreischten---

All das kam zu einer Einheit zusammen und fuhr wie ein Blitzschlag durch sie hindurch und hinein in die Klinge in ihrer Hand. Verbrannt wurde alles in ihr, das sich zerbrochen anfühlte, eingekerkert und schmutzig. Ihr Schwert bewegte sich mit Gedankenschnelle und schnitt durch die Bestien wie ein heißes Messer durch Butter. Sie bewegte sich zwischen ihnen wie eine Maschine, zum Töten gemacht, und das freudige, euphorische Blutlied der Schlacht ergriff Besitz von ihr und sang durch ihre Adern. Wie lange sie kämpfte, konnte sie nicht sagen. Sie verlor jedes Zeitgefühl und jede Wahrnehmung außer für dieses schwerelose Hochgefühl, während sie ihre Dämonen erschlug, während sie sich ihre Macht, ihre Sicherheit, ihren Stolz und ihre Freiheit aus ihren Klauen zurückeroberte. Später erinnerte sie sich vage daran, dass sie in einem rot flammenden Blutnebel aus den Höhlen gestürzt war, als sie herausfand, dass nicht noch mehr Monster zu erschlagen waren; sie rang verzweifelt darum, dieses Gefühl festzuhalten, denn sie wusste, wenn ihr Verstand wieder einsetzte, würde es vergehen.

Sie erkannte das graubärtige Gesicht hinter der Axt nicht, das in ihr Blickfeld kreiselte, als sie in die Halle des Burgfrieds brach. Er schlug ihr das Schwert aus den blutigen, verkrampften Fingern, wirbelte die Axt herum und riss sie mit dem Griff von den Füßen. Als sie sinnlos um ihn herumtastete, um ihr Schwert wieder zu ergreifen, packte er sie an den Schultern und schüttelte sie, bis ihr die Zähne klapperten.

„Mädel, es ist vorbei!“ bellte er ihr endlich ins Gesicht.

Sie blinzelte ihn an. Erst hatte sie gedacht, dass er vor ihr kniete, aber das tat er nicht. Er musste sich nur ein wenig vorbeugen, um in ihr betäubtes Gesicht zu schauen. Er sah, wie das Erkennen in ihre Augen zurückflutete und betonte seine Worte mit einem harten, tröstlichen Druck auf ihre Schultern.

„Ganz ruhig, Mädel“, sagte Gimli, Gloins Sohn. „Tief Luft holen! Und versuch jetzt nicht aufzustehen. Dir wird schwindelig werden, wenn du von diesem hohen Sturmwind heruntersteigst, auf der du geritten bist.“

Er grinste, ein Blitzen weißer Zähne durch das Walddickicht seines Bartes.

„Du hast gerade ausgesehen wie meine liebe alte Mama, als sie bei der Orkinvasion der Eisenhügel von der Schlachtenraserei gepackt wurde; da war ich noch ein Junge. Süßer Aule, die konnte eine Axt schwingen!“

Er gluckste fröhlich, und dieses warme, rostige Geräusch schien sie mehr zu sich zu bringen. Es ließ den kalten Steinfußboden unter ihr und die rauchige Luft um sie herum wirklicher und weniger traumartig erscheinen.

„Wenn du etwas hättest, das auch nur entfernt an einen anständigen Bart erinnert“, sagte Gimli soeben, „dann würde ich deinen Onkel vielleicht um deine Hand bitten!“

Ein Speer aus morgendlichem Sonnenlicht bohrte sich durch die Ritzen der hohen, gewölbten Steindecke und traf ihr Gesicht. Er war warm und hell, wie das Versprechen des Frühlings nach einem bitteren Winter. Sie fing leise an zu lachen und nahm seine schmutzige Hand. Man muss kein Mensch sein, um einen guten Mann abzugeben, dachte sie liebevoll... und erst viel später fiel ihr auf, dass hier noch jemand war, dessen Berührung sie nicht erschaudern ließ.

„Wenn ihr nur annähend ein Reiter wärt, Meister Gimli“, sagte sie mit einem Lächeln, „dann würde ich Euch nehmen.“ Das Geräusch von Stahl auf Stahl, ein entfernter Siegesgesang drang durch die blutbeschmierten Steine von Helms Klamm zu ihnen nach drinnen, wo sie inmitten all des Gemetzels saßen und lachten. Sie fühlte sich warm. Zum ersten Mal seit sehr langer Zeit fühlte sie sich wohl.

„Haben wir gewonnen?“ fragte sie unnötigerweise.

„So gut wie.“ sagte Gimli. „Dein Bruder ist in letzter Sekunde mit Gandalf, Erkenbrand und mehreren Tausend deiner Landsleute aufgetaucht. Er kam gerade zur rechten Zeit.“

Sie konnte die eisige Hand, die ihr Herz und ihren Geist wie ein Schraubstock festgehalten hatte, nicht länger fühlen. Für den Augenblick konnte sie sogar glauben, dass sie davon frei war, dass sie sich einen Weg durch eine Armee all ihrer Fleisch gewordenen Schrecken gehauen und sie allesamt erschlagen hatte. Gnadenreiche Nienna, seufzte ihr müder Geist, lass es so sein!

*****

Du bist mein, meine schöne, kalte Blume! Du wirst nie von mir frei sein!

Mit einem würgenden Schrei schoss sie hoch und mit fuchtelnden Armen von dem Strohlager herunter, auf dem sie nach einem Tag der Sorge für die Verwundeten in knochenloser Erschöpfung zusammengebrochen war. Es war stockdunkel, noch immer eine Stunde bis zur Morgendämmerung. Sie schnappte nach Luft und kämpfte gegen blinde Panik an, beide Hände seitlich gegen ihren Kopf gepresst, als könnte sie das Gefühl von Grímas Gegenwart herausquetschen, das sich durch ihren Geist schlängelte. Es war, als glitte eine eisige Hand gierig über ihre nackte Haut.

Noch zwei Tage zuvor hätte sie sich in Übelkeit und Entsetzen zusammengekrümmt und auf dem harten Boden die Knie an die Brust gezogen, eine Hand vor den Mund geschlagen, um ihr Schluchzen zu ersticken. Nun, am Morgen nach ihrer ersten wirklichen Schlacht, war sie von Grund auf verändert. Es würde kein Verstecken mehr geben. Niemals wieder. Eine Hand um das Schwert gekrampft , das sie mit auf ihr Schlaflager genommen hatte wie einen Talisman gegen schlechte Träume, kam sie auf die Füße und rannte aus der dunklen Halle, wo sie und die Dorfhebammen mit Aragorns Hilfe ein Lazarett errichtet hatten. Sie rannte mit halsbrecherischer Geschwindigkeit, an den Wachfeuern und den verblüfften Gesichtern der Männer vorbei, die entlang der zerschmetterten Überreste der tiefen Mauer postiert waren. Sie rannte sie mit Trümmern übersäte Treppe zum unteren Vorhof hinunter, wo die Reiter ihres Bruders viele ihrer Tiere einquartiert hatten. Eines der Pferde fand sie geheimnisvollerweise gesattelt vor und riss die Zügel von dem langen, angespitzten Pfosten herunter.

Hasufel.

Théodreds Pferd. Sie nahm den stolzen Kopf des Pferdes mit brennenden Augen in beide Hände. „Wirst du mich nach Orthanc tragen, alter Freund?“

„Nein, das wird er nicht!“ sagte ein tiefer, melodischer Bariton mit Festigkeit.

Sie zuckte nicht vor Überraschung zusammen. Sie schloss nur die Augen und lehnte sich nach vorn an Hasufels breite Nüstern; sie seufzte wie ein verdammter Gefangener, der durch die Schlinge des Henkersseiles blickt.

„Lasst mich gehen, Gandalf“, sagte sie. Götter, sie war so müde.

Er nahm sie um die Schultern und drehte sie sanft herum, damit sie ihn ansah. „Nicht für alle Reichtümer Mittelerdes, Kind. Ihr steht unter Einfluss, und wenn Ihr bei Verstand wäret, dann würde Ihr wohl wissen, warum ich es Euch verbiete. Gríma beeinflusst Euch, um Euch nach Orthanc zu bringen. Schlangenzunge könntet Ihr leicht erschlagen, denke ich, aber er ist nur der Welpe in der Bärenhöhle. Saruman würde sehr kurzen Prozess mit Euch machen.“ Die alten und doch zeitlosen, kornblumenblauen Augen, die in ihre Kindheit immer das zwinkernde Versprechen wundersamer Geschichten und bunter Mittsommer-Feuerwerke in sich getragen hatten, waren voller Sorge. Er legte einen Finger an ihre Schläfe, und eine warme Welle des Friedens flutete durch ihre Seele.

„Ah“, sagte er. „Ich verstehe.“ Sie schauderte; es lag genug Macht und stiller Zorn im Sandpapiergrollen dieser Stimme, um Berge mit einem einzigen Wort zu zerschmettern.

Klick.

Es war beinahe hörbar. Sie spürte, wie sich die unsichtbare Schraubzwinge, die über Monate hinweg das Leben aus ihr herausgepresst und jeden guten Gedanken mit seiner ekelhaften Berührung erstickt hatte, zerbrach. Es war, als hätte der Zauberer ein gespanntes Seil zerschnitten.

Es war fort. Er war fort. Ganz plötzlich war sie frei von ihm. Eine Hand fuhr hoch zu ihren bebenden Lippen und schwebte dort wie ein verängstigter Vogel. Ihre Knie wurden weich, alles verschwamm ihr vor den Augen. Ein Sturm braute sich in ihr zusammen, der sie in Stücke reißen würde, wenn sie ihn nicht freiließ. Sie hatte ihre Tränen allzu lang begraben und Leid auf Leid in einem Vorratsraum aus Verlust und Leid angehäuft, der jetzt beinahe überlief. Jemand führte sie und half ihr, sich auf eine der harten Bänke an der Wand des Vorhofes zu setzen. Ein Wasserschlauch wurde ihr in die zitternden Finger gedrückt. Rauhäutige, sanfte Hände legten sich um die ihren, festigten ihren Griff und halfen ihr, ihn an die Lippen zu heben, als wäre sie ein Kind.

„Da, Mädelchen. Schön austrinken jetzt.“

Sie zwang das Schluchzen erbarmungslos zurück in seine Zelle des Schweigens. Sie konnte nicht weinen. Sie konnte nicht!

„Ich konnte sehen, dass irgendein Schatten ihren Geist vergiftete.“ Legolas’ Stimme war leise, wie weit entfernte Musik.

„Ich bin ein Narr!“ sagte Gandalf bitter, seine Stimme ebenso leise. „Ich war so erfreut darüber, dass ich Saruman aus Théoden ausgetrieben hatte, dass ich mich nicht damit aufhielt, in Betracht zu ziehen, dass sein übler Schüler mit dem Willen und Geist von mehr als einem Mitglied des Hauses von Eorl herumpfuscht.“

„Sagt es--- sagt es niemand.“ Sie konnte jetzt nicht sprechen. Wenn sie wieder den Mund öffnete, dann fürchtete sie, dass sie aus schierer Erleichterung in unkontrolliertes Klagen ausbräche. Sie konzentrierte sich darauf, ein- und auszuatmen und darauf, ihre Hände ruhig zu halten. Alles andere war im Moment weit jenseits ihres Vermögens. Die Welt neigte sich zur Seite und jemand hob sie auf beide Arme wie ein Kind. Eine weitere leichte Berührung an ihrer Stirn, und wieder floss träumerischer Friede durch sie hindurch.

Das nächste Geräusch, das für sie Sinn machte, war Gimlis Stimme, die in einem gedämpften Flüstern sprach. Sie lag auf einer Pritsche in einer der kleinen Vorkammern der Halle. „Sie ist ein kräftiges Mädel!“ Seine raue Hand schloss sich über der ihren und verstärkte den Griff beruhigend. „Sie wird so gut wie neu sein, jetzt, nach dem du ihren Geist vom Geflüster dieses schleichenden Wurmes gereinigt hast.“

„Hier ist mehr Schaden angerichtet worden, als du dir vorstellst, Gimli“, grummelte Gandalf leise.

„Bist du sicher, dass es weise war, sie zu beruhigen, Mithrandir?“ sagte Legolas. „Ich habe etwas von dem gespürt, was sie erlitten hat, und mehr noch habe ich erraten. Diese Art von Schmerz braucht ein Ventil, oder sie wird unter der Anstrengung, ihn zurückzuhalten, zerbrechen.“

„Erzählt es nicht meinem Onkel!“ Sie setzte sich auf, schüttelte den Kopf, um ihn zu klären und erschreckte sie alle damit.

„Éowyn“, sagte Gandalf behutsam, „Théoden sollte wissen---“

„Nein!“ sagte sie heftig. Sie umklammerte fest die Hand des Zwergen und brachte die Welt mit einem monumentalen Willensakt zurück zu scharfer Klarheit. Seine Hand in der ihren war wie das Gefühl reichen Erdbodens über starkem, soliden Stein, eine Quelle der Stärke, auf die man das Gewicht von Bergen bauen konnte. „Wollt ihr sein Herz brechen, ebenso wie das von Éomer?!“

Niemand antwortete ihr. Sie straffte den Rücken, nahm einen tiefen Atemzug kalter Morgenluft und begegnete den besorgten Blicken der drei vor ihr mit einer eisigen Fassung, die nur dazu angetan war, die Schatten der Unruhe auf ihren freundlichen Gesichtern zu vertiefen. Sie sprach ein kurzes, stilles Dankgebet an alles, was ihr heilig war, dass Aragorn nicht hier bei ihnen war.

„Wir haben keine Zeit, um die zu weinen, die wir geliebt und verloren haben oder über den Schmerz, den wir erlitten haben“, sagte sie mit einer klaren, kalten Stimme. Wenn wir gewinnen und überleben, um das Ende dieses Krieges zu sehen, dann können wir unsere Wunden in aller Bequemlichkeit pflegen. Wenn wir verlieren, spielt es keine Rolle. Aber bis die eine oder die andere Zukunft sich entfaltet, muss jeder von uns seine Bürde so gut tragen, wie er kann, und nicht schwanken. Gandalf, Ihr wisst, dass mein Onkel die Mark für den Krieg vorbereiten muss. Wenn der Ruf zu den Waffen aus Gondor nicht heute kommt, dann kommt er sicherlich innerhalb der nächsten vierzehn Tage. Ich habe gehört, wie Ihr Théoden gesagt habt, dass ganz Mordor aufrüstet. Lenkt ihn nicht ab mit einer Geschichte, die nur dazu dient, ihm Kummer zu machen!“

Schweigen.

„Mag sein“, sagte der Zauberer nach einem langen Moment bedächtig. Er starrte sie ernst und durchbohrend an – und in sie hinein. Sie hatte das entnervende Gefühl, dass er größere Geheimnisse in den Tiefen ihrer Augen las als sie in der Stille ihres Geistes verbergen konnte.

„Vielleicht liegt Weisheit in Euren Worten, mein liebes Kind. Aber Ihr werdet einen Preis für Euer Schweigen zahlen müssen, der Euch jetzt noch nicht bewusst ist. Und doch sehe ich voraus, dass diese Leiden, die Ihr im großen Plan der Dinge für unbedeutend haltet, einst der Prüfstein sein wird für große Taten in den Tagen, die noch kommen werden.“

Damit war die Angelegenheit für den Augenblick abgeschlossen.

Später an diesem Morgen führten Théoden und Gandalf einen Trupp Männer nach Orthanc, um Saruman aus seiner Höhle zu locken. Ihr Onkel überließ ihr die Sorge für die Frauen und Kinder der Westfold und sie saß wirkungsvoll in der Hornburg in der Falle, während er und die anderen nach Orthanc gingen, um sich um den Weißen Zauberer zu kümmern. Und um Gríma Schlangenzunge.

Sie wandte den Sinn erbarmungslos von diesen Gedanken ab und richtete ihn auf die Aufgabe, die sie vor sich hatte. Sie bewegte sich durch die langen Tage, die folgten, und half den Flüchtlingen aus der Westfold und Edoras, sich auf einen wahrscheinlich langen Aufenthalt in der Sicherheit der Hornburg einzurichten und traf Vorkehrungen für den stetigen Strom derer, die in dieser Zeit die große steinerne Zuflucht füllten. Manche von ihnen kamen mit nicht viel mehr als den Kleidern, die sie am Leib trugen. Nahrung und Wasser waren kein Problem. Die Höhlen der Klamm waren mit genügend Vorräten für eine Belagerung gefüllt, die ein Jahr andauerte. Die Bereitstellung von Schlafplätzen für den Ansturm der Leute, von sauberem Wasser für Küche und Bäder , von Kohlen und Feuerholz hielt sie in Bewegung, beherrschte ihre Gedanken und führte manchmal dazu, dass sie sich vor Ungeduld am liebsten die Haare ausgerissen hätte.

Die ganze Zeit, während sie die verdrehten Knoten des allgemeinen Durcheinanders und des Chaos um sich her entwirrte, wandten sich ihre Augen immerzu südwärts, um die Rückkehr ihres Onkels mit anzusehen. Und die von Aragorn.

Sie fand bald heraus, dass Gandalf die Wahrheit gesagt hatte, als er sie warnte, dass ihr Schweigen einen hohen Preis haben würde. Der Preis für trockene Augen und einen kühlen, klaren Kopf fiel nach all den Schrecken des letzten Jahres auf sie herab wie der Überfall des Winters nach einem trügerisch warmen Tag um Herbst. Er ließ ihr Blut erstarren und ihr Herz gefrieren. Er betäubte jegliches Gefühl, bis sie nichts mehr spürte... überhaupt nichts mehr. Sie wusste, dass sie nach außen frisch und tüchtig erschien, eine klarsichtige, tapfere Tochter Eorls, die ihr Volk in der Abwesenheit seines Herrn führte.

Inwendig starb sie Stück für Stück; ihre froststarre Seele trank täglich schluckweise von dem Gift, von dem sie sich nicht befreien konnte. Noch nicht jetzt. Nicht ehe ihr Onkel siegreich gegen den Feind bestand oder still und kalt lag, außer Reichweite von allem Schmerz. Die Befreiung von Schlangenzunges Zauber hatte ihr keinen Trost gebracht, keine Sicherheit von den Erinnerungen, keine Ruhe, Sie fürchtete sich davor zu schlafen. In der kalten Stille der Nächte saß sie allein, immer wachsam, taub vor Kälte von innen und außen.

Am vierten Tag ihrer Wache kam er wieder. Ihr Hauptmann, ihr Herr, ihr Erretter. Sie rannte ihnen entgegen; eine zerbrechliche, winterliche Freude überspülte ihr gequältes Herz. Sie würde mit Aragorn in die Schlacht ziehen. Sie würde an seiner Seite reiten und sie würde Frieden und Ehre und gesegneten, gesegneten Schlaf finden in irgendeinem ruhmreichen Tod auf den Feldern von Gondor!

Am folgenden Morgen stolperte sie betäubt und hohläugig zurück in die grimmige, graue Zuflucht des Bergfrieds. Aragorn war fort. Sie waren alle fort, sie waren tapfer davon galoppiert in einen entsetzlichen Tod, und sie hatten sie zurückgelassen, damit sie sich um die alten Frauen und Kinder kümmerte. Obwohl sie den Wahnsinn von Aragorns Plan begriff und das unaussprechliche Schicksal, das sie auf den Pfaden der Toten erwartete, wäre sie ihm furchtlos gefolgt. Sie hatte ihn angefleht, ihr diesen edlen Tod zu erlauben. Am Ende hatte sie auf ihren Knien gebettelt wie eine Sklavin. Er hatte sie zurückgewiesen aus Sorge um ihre Sicherheit und aus Respekt für ihre Familie. Immerhin war sie in der Obhut ihres Onkels und ihres Bruders. Es war das Recht der Männer in ihrem Leben, über ihr Schicksal zu bestimmen, wie sie erbittert dachte. Ihr Onkel und Bruder, die sie bis zu diesem Tag so wunderbar vor Schaden bewahrt hatten!

Sofort gebot sie diesem Gedanken Einhalt, und schreckliche Scham zerrte an ihr. Ihr starker, liebevoller Onkel war nicht imstande gewesen, sich gegen Schlangenzunges Hexerei zu verteidigen, geschweige denn sie. Und ihr geliebter Éomer war für seine Unbotmäßigkeit verbannt worden, als er es versuchte.

Sie blieb vor dem Eingang zu Helms Halle stehen, drehte sich um und beobachtete die winzigen Gestalten, die davon ritten. Aragorn, Legolas und Gimli waren fort, um die Heimstatt der Dwimmerlaiks von Erech zu durchwandern; sie waren so gut wie tot. Ihr Onkel musterte die Reiter von Rohan für den Krieg. Gondor würde bald zu den Waffen rufen.

Die Felder von Gondor.

Ein winziges Lächeln spielte um ihre Mundwinkel. Sie würde mit ihnen in den Ruhm reiten. Sie würde einen Weg finden.

*****

Ich habe meinen Weg gefunden. Ich habe meinen Ruhm gefunden, doch zu einem Preis, den ungeschehen zu machen ich willig mein Leben geben würde.

Théoden ist tot, er liegt in seinem Leichentuch vorübergehend in den königlichen Totenhäusern von Minas Tirith aufgebahrt, von meinen Landsleuten dort hingetragen mit einer Verehrung, die an Anbetung grenzt. Er hat Gondor mit dem Opfer seines eigenen Lebens gerettet. Er ist gestorben wie ein König aus den alten Legenden.

Es wäre so viel einfacher, wenn ich mit ihm gestorben wäre.

Die Heiler und Bediensteten in diesen Häusern der Heilung flüstern, als ich vorübergehe, ihre Stimmen voll Ehrfurcht gesenkt. Sie grüßen mich als die Heldin, die den Hexenkönig von Angmar Im Duell erschlug, die furchtlose Schildmaid aus dem Norden. Sie wissen nicht, was für eine Schwindlerin ich bin. Sie wissen nicht, dass mein größter Wunsch auf dem Ritt nach Gondor nicht der war, sie zu retten; ich wollte heldenhaft sterben. All meine Sehnsüchte, mit denen ich herkam, waren selbstsüchtig und unwürdig. Meine überstürzte Hast, mich selbst zu vernichten, machte mich für alles andere blind, bis ich sah, wie mein Onkel unter Schneemähnes großem Körper zerschmettert wurde und die Nazgûl über ihm hohnlachten.

Wenn ich schneller gewesen wäre, weniger mit mir selbst beschäftigt und mehr auf die Sicherheit meines Königs bedacht, dann wäre ich vielleicht schnell genug gewesen, ihn zu retten. Ich weiß, ich wäre es gewesen. Jeder Mann auf dem Feld war stärker als ich, aber keiner von ihnen war so schnell. Ich schwinge ein Schwert so schnell wie ein Blitz vom Himmel zur Erde fährt. Théoden hat mir das einst mit großem Stolz gesagt. Ich hätte ihn retten können, aber ich habe es nicht getan. Ich war gefangen in der schieren Freude an Himmel und Wind und an dem starken Pferd, das sich unter mir streckte, während wir voran ritten. Und genau wie in Helms Klamm fielen all die Schatten und dunklen Erinnerungen von mir ab, als ich mein Schwert schwang. Ich war stark und ich war frei und ich sang mit den anderen Reitern, während wir die Feinde erschlugen und vor uns hertrieben. Dann kam Angmar über uns und das Reiterheer wurde zerstreut. Schneemähne bäumte sich auf, fiel und Théoden war unter ihm gefangen. Sie nennen mich furchtlos. Sie begreifen nicht, dass die spürbare Welle des Entsetzens, die der Ringgeist ausstrahlte wie einen giftigen Dampf, keine Wirkung auf mich hatte. Es gibt kaum Furcht in einem Krieger, der ohnehin sterben will.

Der Große Schatten ist vergangen. An diesem schicksalhaften Abend vor der Schlacht von Helms Klamm versprach mein schönster Freund, dass es Hoffnung und Heilung jenseits dieses Kampfes gäbe, aber ich habe beides noch immer nicht gefunden. Mein Bruder hat Nachricht vom Feld von Cormallen gesandt und bittet mich, zu ihm zu kommen, wenn meine Wunden für die Reise genügend geheilt sind.

Es liegt eine Entscheidung vor mir; es gibt zwei Wege, die ich jetzt gehen kann.

Der Truchsess von Gondor begleitet mich auf meinen täglichen Spaziergängen durch die Gärten und Vorhöfe der Häuser der Heilung. Er glaubt, dass er mich liebt, aber er irrt sich. Er ist betört und gebannt – und was er für mich empfindet, ist nahe verwandt mit dem, was ich für Aragorn gefühlt habe. Er will so sein wie ich, oder wenigstens denkt er das.

Er sieht mich so, wie ich in Wahrheit sein will, stark und rein und schön. Ich glaube, dass er mich mit der Zeit von ganzem Herzen lieben würde. Er ist alles, was eine Frau sich von einem Mann erhoffen kann. Er ist weise und freundlich und stark. Ich könnte mit ihm leben und seine Liebe sein, seine Weiße Herrin in den grünen Wäldern von Ithilien. Ich könnte sein Haus führen, seine Kinder tragen und ihn alle Tage meines Lebens lieben. Ich sehe, dass auch ich so weit kommen könnte, ihn von ganzem Herzen zu lieben. Sogar schon jetzt bin ich kurz davor, ihn zu lieben. Ein Tag mehr oder zwei und ich bin sein. Ich könnte Ja sagen zu der Frage, die er bald stellen wird. Ich könnte die Seine sein. Und niemals mein. Niemals in meinem ganzen Leben mein, und niemandes sonst.

Es ist nicht genug.

Es wäre sehr einfach, seine Liebe die Unreinheit von Grímas Hexerei fortwaschen zu lassen, die Erinnerung an seine Traumhände auf meinem Körper. Aber ich kann keine Heilung von den Wunden suchen, die Schlangenzunge mir zugefügt hat, indem ich einen anderen Mann liebe. Das hat Aragorn mich gelehrt. Wenn er erwidert hätte, was ich für ihn empfand, ich wäre zurückgeschreckt. In seiner Weisheit gab mir unser neuer König, was ich am nötigsten hatte. Er reichte mir seine Hand in Freundschaft und sagte mir ohne Worte, dass die Stärke und der Wille, mein eigenes Schicksal zu ändern, in mir selbst liegt, nicht in ihm. Legolas tat dasselbe, als er meine Hände in die seinen nahm und mir sagte, dass die Macht, all meine Wunden zu heilen, dort läge und nicht in den Händen eines anderen. Damals war ich zu blind, um es zu sehen.

Nicht länger.

All die Wunden meines Körpers sind geheilt. Der Vorsteher der Häuser sagt mir, dass er mich freudig in die Obhut meines Bruders entlassen wird, wenn er endlich heimkehrt.

Unter die Aufsicht meines Bruders. Nicht meine eigene. Selbst in dem neuen Zeitalter, das heraufdämmert, während ich diese Worte schreibe, werde ich immer in der Obhut von jemand anderem sein, Onkel, Bruder, liebender Gatte. Niemals mein eigen.

Ich habe den Wind in meinem Haar gekannt und die Sonne auf meinem Gesicht, während ich vorwärts in die Schlacht stürmte, das helle Schwert mit starken Händen erhoben. Ich kann nicht in einen Käfig zurück, wie vergoldet auch immer er auch sein mag und wie liebevoll der Herr. Und jetzt sehe ich, dass die Wunden des Geistes, die ich immer noch in mir trage, nicht dadurch geheilt werden können, dass ich irgendeinen Mann, wie liebevoll und gut auch immer, meinen Herrn nenne. Nur auf den Pellenorfeldern, nur in der Bresche der Barrierenmauer in Helms Klamm, als ich mit dem Schwert in der Hand dastand, allein, aber stark aus mir selbst heraus – da war ich frei und vollständig. Ich wünsche mir nicht länger den Tod. Ich denke, die Schlimmste meiner Wunden heilt nun. Ich werde einen Weg finden, mich selbst vollständig zu heilen, aber der Weg zur Gesundung liegt nicht in Gondor, nicht einmal in Rohan. Heute Nacht werde ich diese wunderschöne, weißtürmige Stadt verlassen... und auch ihren wohlgestalten Truchsess mit den freundlichen Augen.

Ich werde meine eigene Straße finden.

Eowyn von Rohan


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