Zimt und Schokolade (Cinnamon and Chocolate)
von Cúthalion

Mai 1417

Lily Stolzfuß hastete über die Brücke zwischen Wasserau und Hobbingen. Ihre Hebammentasche fühlte sich ungewöhnlich schwer an, und als sie sie von der rechten in die linke Hand nahm, hörte sie, wie ihr Magen laut knurrte. Sie runzelte die Stirn, als ihr klar wurde, dass sie seit dem Morgen nichts gegessen hatte. Jetzt war es früher Nachmittag und sie war fast mit ihrer Runde fertig. „Kein Wunder, dass ich Hunger habe,“ murmelte sie.

Bei Sonnenaufgang hatte sie ein erstes Frühstück für ihre Eltern und ihre Brüder gemacht. Viola hatte am Abend zuvor eine große Bestellung Bettlaken fertig gestellt und sich mit heftigen Kopfschmerzen ins Bett gelegt, also blieb es Lily überlassen, zwei große Pfannen mit Rührei und Speck zu braten, frisches Brot zu rösten und eine Kanne Kamillentee aufzubrühen. Aber bevor sie sich selbst zum Frühstück hinsetzen konnte, hatte der Klang der Türglocke sie zu Everard Pausbacken gerufen, dessen Frau ihr viertes Kind erwartete. Lily ließ ihren Blick einen kurzen Moment wehmütig auf dem Tisch ruhen, dann nahm sie ihre Tasche, ging hinaus und kletterte auf Everards Karren.

Sie erreichten den Smial der Pausbackens gerade noch rechtzeitig, um festzustellen, dass der größte Teil der Arbeit schon getan war; für die junge Hebamme blieb wenig mehr übrig, als sich die Finger zu waschen und ein paar ermutigende Worte zu sagen. Dann presste Petula Pausbacken mit einer letzten, kraftvollen Anstrengung, und Lily fing in ihren ausgestreckten Händen einen schlüpfrigen, schreienden, kleinen Jungen auf.

Sie überlegte, ob sie rasch nach Hause gehen und sich wenigstens eine Kleinigkeit zu Essen machen sollte, aber das hätte sie zuviel Zeit gekostet. Eine junge Mutter, die Angst hatte, dass ihre zehn Tage alte Tochter an einer gefährlichen Lungenentzündung litt, wartete in Oberbühl auf sie. Lily tat ihr Bestes, den wachsenden Hunger zu ignorieren und wanderte den Bühl hinauf. Als sie am Gartentor von Beutelsend vorbeikam, schaute sie sehnsüchtig den gewundenen Pfad entlang, der zu der grünen Tür führte. Nein. Nicht jetzt.

*****

Eine Stunde später ging sie den selben Weg zurück. Das Licht der Sonne war jetzt stärker; es vergoldete die Hecken und die blumenübersäten Wiesen. Das Baby hatte nicht an Lungenentzündung gelitten, sondern an einer Art Asthma. Lily hatte einen Waschzuber mit heißem Wasser vorbereitet und die Wiege dicht daneben hingestellt, damit das kleine Mädchen den Dampf einatmen konnte, den sie mit ihren letzten, kostbaren Eukalyptusblättern versetzt hatte. Es dauerte nur Minuten, bis das Baby viel besser Luft bekam. Dann überzeugte Lily die völlig erschöpfte Mutter, sich hinzulegen und ein dringend nötiges Nickerchen zu machen; sie schlich sich aus dem Smial, das Herz erfüllt von stiller Erleichterung, den Magen noch immer schrecklich leer. Als sie dieses Mal an Beutelsend vorbei kam, sah sie, dass das Küchenfenster offen stand; man konnte es leicht über die sauber geschnittene Hecke sehen, und für einen Moment blieb sie stehen. Eine sanfte Brise trug den Duft blühender Rosen zu ihr herüber, aber auch noch einen anderen Geruch - in Beutelsend wurde gebacken. Und was immer da auch aus dem Ofen kam, es roch köstlich... süß, üppig und unwiderstehlich. Es füllte ihr die Nase und erweckte den wütenden Hunger zu neuem Leben, den sie die letzten zwei Stunden zu vergessen versucht hatte.

Sie kannte Sam, seit sie ein Kind war. Was konnte harmloser sein als ein zufälliger Besuch, um einen alten Freund zu treffen? Er war eine freigiebige Seele, und es würde ihm doch sicher nichts ausmachen, wenn sie ein, zwei Stückchen stibitzte?

Ihr Magen erstickte das, was vermutlich die Stimme der Vernunft war, mit seinem lauten Knurren. Sie öffnete das Gartentor und ging den Weg hinunter.

Die Tür war nicht verriegelt, und als sie eintrat, wurde der himmlische Geruch stärker und ließ ihr das Wasser im Mund zusammen laufen. Das fröhliche Geräusch einer Stimme, die vor sich hin summte, kam aus der Küche.

„Sam?“

Das Summen brach ab.

„Sam? Ich bin's, Lily. Ich bin bloß vorbei gekommen, um zu fragen, wie... wie es deinem Ohm geht, und ob ihm die Salbe, die ich dir letzte Woche für ihn gegeben habe, gut getan hat.“ Eine lahme Ausrede, aber sie würde wahrscheinlich ausreichen. „Und was hast du da im Ofen? So etwas Gutes habe ich seit Jahren nicht mehr gerochen.“

„Dann solltest du unbedingt hereinkommen und etwas davon versuchen.“

Es war nicht Sam. Der Hobbit, der jetzt auf der Türschwelle erschien, war Frodo Beutlin, den Großteil seines Hemdes und die Hälfte seiner Hosen hinter einer riesigen, weißen Schürze verborgen, die Ärmel hochgekrempelt und einen Mehlstreifen quer über der Stirn.

Lily stand reglos da, den Mund halb offen.

„Überrascht?“ Der Herr von Beutelsend lachte. „Sam ist ganz sicher der bessere Koch, aber sogar er rühmt meine Zimtrollen.“

Zimt - natürlich. Sie hätte es wissen sollen.

Er betrachtete sie und runzelte leicht die Stirn.

„Du siehst blass aus, meine Kastanie,“ sagte er. „Und ausgehungert, ganz ehrlich - wenn es dir nichts ausmacht, dass ich das sage.“

Sie holte tief Luft und lächelte.

„Wahrhaftig, das bin ich.“ erwiderte sie. „ich hatte heute Morgen noch nicht einmal Zeit für ein Frühstück. Und wenn ich nicht sehr bald etwas esse, dann falle ich entweder vor lauter Hunger in Ohnmacht, oder ich schlage meine Zähne in das nächste Ding, das mir in die Quere kommt.“

„Nun, dann muss ich wohl bemühen, beides zu verhindern,“ sagte er und geleitete sie in die Küche. Zwei fast leere Schüsseln standen auf dem Tisch. Die Tischfläche war schon sauber geschrubbt und zwei gebrauchte Backbleche ragten aus der Steinspüle, halb im Seifenwasser versunken. Drei große Platten waren auf dem zweiten Tisch neben dem Fenster aufgereiht; auf jeder türmten sich Zimtrollen. Lily ließ sich auf einen Stuhl sinken.

„Die Rollen sind mit braunem Zucker gefüllt,“ bemerkte Frodo, „und ich habe sie mit geschmolzener Schokolade besprenkelt. Magst du Schokolade?“

„Mein Vater hat mir einmal welche aus Bree mitgebracht, als ich noch ein Kind war.“ Die Rolle wurde vor sie hingestellt. „Ich fand sie sehr gut.“

Er reichte ihr eine Gabel.

„Sei besser ein bisschen vorsichtig," sagte er. „Die sind eine ziemlich... klebrige Angelegenheit, wenn du die Finger benutzt. Ich backe sie oft für meine Vettern, und sie machen immer eine schreckliche Schweinerei in der Küche.“

Die Rolle lag auf einem der weißblau gemusterten Teller aus der Anrichte. Oben hatte sie eine feine Kruste. Ein dicker, kremiger Zuckerguss war überall verteilt und an den Seiten herunter gelaufen, und das Zimtpulver bildete eine rostrote Schicht auf dem Guss, auf den Seiten und auf dem Teller. Lily versenkte ihre Gabel in der Rolle und die äußere Schicht löste sich langsam ab; sie offenbarte ein weiches Inneres, mit Zimt bestäubt und klebrig von braunem Zucker. Sie hob die Gabel hoch, nahm einen ersten Bissen und die Rolle schmolz in ihrem Mund.... butterweich und sanft und vollkommen. Der Zimtgeruch bestürmte ihre Sinne, der braune Zucker klebte an ihren Lippen, und Kauen und Schlucken war eine sinnliche Offenbarung, reich und berauschend. Sie schloss die Augen und hörte ihn leise lachen.

„Fühlst du dich wohl, Liebes?“

„Ich bin im Himmel.“ sagte sie in tief empfundener Zufriedenheit.

Wieder lachte er.

„Du kannst noch mehr haben, wenn du mit dieser da fertig bist,“ sagte er, "und du darfst sogar die Schüssel mit dem Zuckerguss auslecken, wenn du magst.“

Lily nickte und nahm den zweiten Bissen. Es war die selbe Offenbarung wie beim ersten Mal. Sie machte sich über den Rest her und vertilgte ihn gründlich und bis zum letzten Krümel. Er ließ eine weitere Rolle auf ihren Teller gleiten, ohne auf ihre Erlaubnis zu warten (die er sowieso hatte). Sie machte ebenso kurzen Prozess damit und lehnte sich dann zurück, gesättigt, erfrischt und wie neugeboren.

„Soll ich dir Tee machen?“ fragte er. „Hast du genügend Zeit?“

„Weiß ich nicht.“ Sie lächelte ihn an. „Meine Runde für heute ist fast vorbei, aber ich bin sicher, meine Mutter wird schon Arbeit für mich finden, sobald ich nach Chrysantheme geschaut habe und wieder nach Hause gekommen bin.“

„Dann solltest du wenigstens ein kleines Weilchen bleiben,“ schlug er vor, "und es dir gut gehen lassen, so lange du kannst.“

Wieder schloss Lily die Augen und spürte, wie ihr müder Körper sich entspannte. Plötzlich spülte eine Woge aus Schläfrigkeit über sie hinweg. Keine gute Idee. Wieviel Zeit sie auch haben mochte, es reichte ganz sicher nicht für ein Nickerchen. Sie straffte den Rücken.

„Was war das vorhin mit der Schüssel?“ fragte sie; sie erinnerte sich an sein halb scherzhaftes Versprechen, als sie angefangen hatte, ihre erste Rolle zu essen.

„Dass du sie auslecken darfst, meinst du?“ Ein winziges, humorvolles Licht erschien in seinen Augen. „Natürlich. Nur zu!"

Lily stand von dem Stuhl auf und beugte sich über den Tisch. Sie war dankbar, dass er sie nicht fragte, ob sie das schon oft in der Küche ihrer Mutter getan hätte. Viola hatte das Backen immer als lästiges Übel betrachtet und es dankbar Lily überlassen, sobald ihre Tochter groß und verantwortungsvoll genug war, um einen anständigen Teig und schmackhaftes Brot zustande zu bekommen. Sie hatte kaum jemals Kuchen oder eine Torte gebacken, nur, um ihren Kindern eine Freude zu machen.

„Lily Kattun hat letztes Jahr wunderbare Apfeltörtchen gebacken," sagte sie und streckte die Hand nach der ersten Schüssel aus. „Sie hat die Apfelscheiben mit Zimt bestäubt, und während die Törtchen auf dem Fensterbrett abgekühlt sind, durfte ich den Rest der Früchte essen, mit braunem Zucker bestreut.“ Sie sagte ihm nicht, dass die halbe Freude daher gerührt hatte, dass sie sich willkommen fühlte... willkommen in Lily Kattuns warmer Küche, umgeben von den Düften nach Teig, Äpfeln und Gewürzen, mitten im Schoß ihrer Familie. Sie hatte sich dort daheim gefühlt, so wie immer, mehr daheim als in ihrem eigenen Smial. Aber das war etwas, worüber sie in seiner Gegenwart nicht sprechen konnte - noch nicht.

Sie leckte sich mit halb geschlossenen Augen die Fingerspitze ab; einmal mehr genoss sie den köstlich üppigen Geschmack des Zuckergusses. Dies war sogar noch besser als die Schokolade, wie selten auch immer sie die Möglichkeit haben mochte, sie zu kosten... auch in dem Guss war Zimt, er verlieh den klebrigen Resten in der Schüssel einen weichen, bräunlichen Farbton und sein unglaubliches Aroma.

„Das ist der Teil, der beim Backen am meisten Spaß macht, nicht wahr?“

Er stand direkt neben ihr. Sie bewegte sich nicht, den Finger noch immer im Mund. Ihre Augen begegneten sich eine scheinbare Ewigkeit, und plötzlich spürte sie, wie ihr angesichts des unverhüllten... Etwas... in seinen Augen die Knie zitterten. Ihr Verstand versuchte es mit halbherziger Abwehr, aber tief aus ihrem Bauch kam unerwartet enthusiastische Zustimmung.

Nun... vielleicht nicht gar so unerwartet... nicht nach den letzten drei Monaten, und nach ihrer Entdeckung jenes fremdartigen, bezwingenden Geschöpfes tief in sich. Es war ein leidenschaftliches, ungeduldiges Wesen, das in ihrem Herzen zu finden sie niemals erwartet hatte. Immer und immer wieder wurde es verzaubert und berauscht durch seine bloße Gegenwart... und immer und immer wieder brachte es die warnende Stimme in ihrem Kopf zum Schweigen.

Sie fuhr wieder mit dem Zeigefinger durch die Schüssel, und ohne nachzudenken, hielt sie ihm den mit Zuckerguss bedeckten Finger entgegen. Er beugte sich vor, und dann spürte sie das sanfte Saugen seiner Lippen... und seine Zunge, die Kreise beschrieb und Zucker und Zimt von ihrer Haut leckte. Worte formten sich in ihrem Geist: Ich muss gehen ich kann nicht bleiben Chrysantheme wartet, meine Mutter... aber sie erstarben, verschluckt von der ansteigenden Flut der Gefühle, die durch ihren Körper rauschte, ausgelöst vom simplen Gefühl seiner warmen Lippen. Ihre Beine konnten sie kaum noch tragen, und plötzlich fasste Frodo sie um die Mitte.

Er setzte sie auf der Tischplatte ab, genau zwischen die beiden Schüsseln mit Zuckerguss und Schokolade, und wieder war sie verblüfft von seiner mühelosen Kraft. Da war ein warmes, mutwilliges Lächeln in seinen Augen. Ehe sie ihre Fähigkeit zu Sprechen zurück gewonnen hatte, öffneten seine kundigen Hände die Häkchen ihres Mieders und gleichzeitig fand sein Mund ihr Gesicht. Er zog eine Spur der Zärtlichkeiten von der Spitze ihrer Ohrmuschel bis zu ihrem Mundwinkel hinunter und eroberte mit freudiger Selbstsicherheit ihre Lippen. Du bist mein, sagte jede Berührung, und sie beantwortete die sanfte Suche seiner Zunge und erschauerte von Kopf bis Fuß. Ja, das bin ich. Und ich werde es immer sein, so lange ich lebe.

Er hielt ihren Blick fest, und in diesem atemlosen, wunderbaren, verbotenen Moment wurde dieses... Etwas... offensichtlich. Ich bin hungrig, sagten seine Augen, ich bin hungrig... lass mich dich nehmen, lass mich dich schmecken, jetzt, hier, rasch... Und dann hob er seine Hände, die Fingerspitzen bedeckt mit halb flüssiger Schokolade und Zimtzuckerguss. Sie konnte ihn riechen, reich und süß, und ganz plötzlich berührte er ihren Hals und malte lange, glänzende Streifen von ihrer Kehle hinunter durch das Tal zwischen ihren bloßen Brüsten bis zu ihrem Nabel.

Sie gab ein winziges, schreckhaftes Geräusch von sich und zuckte instinktiv zurück, aber er murmelte leise, als wollte er ein verängstigtes Pony beruhigen; eine seine Hände beschrieb jetzt beruhigende Kreise auf ihrem nackten Rücken. Endlich hielt sie rasch atmend still, und er beugte sich vor, bis sein Mund ihren Hals berührte. Seine Berührung ließ sie verlieren, was immer noch von ihrer Selbstbeherrschung übrig war. Sie saß auf der Tischplatte, den Kopf zurückgeworfen, die Röcke um die Hüften zusammen geschoben und seine Hände fest auf ihren Schenkeln, während seine Zunge den süßen Spuren auf ihrer Haut folgte. Als er die Vertiefung zwischen ihren Brüsten erreichte, gestattete er sich einen köstlichen Umweg nach rechts und nach links und benetzte die sich verhärtenden Knospen, ein weiches Lachen tief in seiner Kehle, als er sie kurz und scharf nach Luft schnappen hörte.

Er hob den Kopf und zog sie dicht an sich; wieder verschloss er ihr den Mund mit einem langen, glühenden Kuss. Heiß wie geschmolzenes Feuer, verbrannte er die letzten Überreste der Scham zu Asche. Sie konnte die Schokolade schmecken, sie schmeckte sich selbst auf seinen Lippen... jemand schrie heiser und erstickt auf...

... bin ich das was geschieht hier oooooh komm zu mir das ist unglaublich jajaja bitte...!

Und mitten in seinem Kuss spürte sie, wie der Strahl aus flüssiger Hitze sich vom Mittelpunkt ihres Körpers her ausbreitete, vertraut nunmehr und doch immer noch überwältigend; er schien Funken überall hin zu versprühen und ließ sie sich hilflos aufbäumen. Ihr überraschter Schrei ertrank in seinem Mund und sie sank an seiner Brust zusammen, zitternd und keuchend, während die Wellen ihres Höhepunkts langsam abebbten. Sie lachte atemlos in seinen schweißfeuchten Hals hinein.

„Lieber... lieber Himmel... das ist... und dabei hast mich noch nicht einmal berührt... da, meine ich.“

Sie wurde unwillkürlich rot und hob den Kopf... und dann sah sie seine Augen, dunkle Spiegel eines abgrundtiefen, noch immer ungestillten Hungers. Ihr Herz stolperte und fing wieder an zu rasen.

„Du hast Recht, das habe ich nicht.“ Es war kaum mehr als ein kehliges Flüstern. „Ein Versäumnis, das ich wettmachen sollte, und zwar schnell.“

“ „Was hast du... ohhhh!“

Einmal mehr wurde sie hochgehoben, aber er trug sie nicht ins Schlafzimmer oder legte sie auf den Fußboden, wie sie es halb und halb erwartet hatte. Mit zwei raschen Schritten hatte er die Rückwand der Küche erreicht. Sie konnte die Teller schwach klirren hören, als ihr bloßer Rücken gegen die Mauer neben dem Geschirrschrank prallte. Er murmelte ihren Namen, seine Stimme erstickt an ihrer Wange, und dann schlossen sich seine Hände kraftvoll und nachdrücklich um ihre Hinterbacken und drückten sie gegen den rauen Verputz. Sie verschwendete keinen Gedanken daran, ihn zurückzuweisen, oder gegen diesen rücksichtslosen Umgang mit ihrem Fleisch zu protestieren. Ihr Körper wartete, gierte, schrie nach mehr, und als er mit einem machtvollen, köstlichen Stoß in sie eindrang, begrüßte sie seine samtweiche, eisenharte Stärke mit schauderndem Entzücken, und ihre Beine schlossen sich instinktiv um seine Hüften.

Vielleicht war sein Begehren überwältigend genug, um seine übliche Sanftheit zu vergessen, aber selbst so brachte er es fertig, sein Lieben unter Kontrolle zu halten. Er diktierte ihr heftiges, drängendes Tempo, unterbrach aber wieder und wieder seinen Rhythmus... er zog sich zurück und wartete, das Gesicht angespannt vor Konzentration, bis sie seiner Bewegung nachgab und wortlos darum flehte, dass er fortfuhr. Sie wusste, er konnte spüren, dass sie nahe daran war, so nahe daran, einmal mehr über den Rand zur Ekstase zu taumeln, und sie klammerte sich an ihn und wölbte sich ihm entgegen, ihre Stimme nicht mehr als ein atemloses, schluchzendes Stöhnen. Plötzlich hielt er einmal mehr inne, eingeschlossen von ihrer Nässe, die sich rings um ihn zusammenzog. Lily starrte in Augen, die geweitet waren, bodenlos und beinahe schwarz. Er atmete schwer, aber er stand da, ohne sich zu rühren; er hielt sie reglos an die Wand gepresst, mit Händen, so stark und gnadenlos wie ein Schraubstock.

Sie schüttelte den Kopf und versuchte ihren vernebelten Blick und Geist frei zu bekommen... nur um herauszufinden, dass es unglaublich schwer war, klar zu denken, während ihr gesamter Körper um Erlösung bettelte.

„Was... was tust du...“

„Lily.“ Das selbe, kehlige Flüstern wie zuvor. „Sag es.“

„Was denn? Ahhh... bitte....“

„Sag, dass du mich willst. Sag, dass du mich brauchst. Sag es.“

„Ich brauche dich.“

Es war ein halbes Stöhnen. Es war unbehaglich nahe an der Verzweiflung. Es war die nackte Wahrheit.

„Ich will dich. So sehr. Bitte, Liebster, bitte...“

Er holte tief und bebend Atem, zog sich zurück und vergrub sich mit einem harten, fordernden Stoß noch einmal tief in ihr. Sie spürte ihren gemeinsamen Höhepunkt wie eine flammende Explosion, heißkaltheiß, eine glühende Erschütterung, die ihren Schrei hinauf zur Decke schickte.

*****

„Lily.”

„Hmmmm…?”

„Meinst du nicht, wir sollten vom Fußboden aufstehen?“

Ein leises Lachen und die süße Brise ihres Atems auf seiner bloßen Brust.

„Ich bin nicht sicher, ob ich mich rühren kann.“ Er spürte ihre Lippen an seinem Hals. „Und wenn ich mich rühre, dann muss ich einen Badezuber und ein bisschen Seife finden... ich glaube nicht, dass ich Chrysantheme erklären kann, wieso mein ganzer Körper nach Schokolade riecht... und nach dir.“

Er stützte sich auf den Ellbogen und starrte auf sie herunter.

„Sie hat keine Ahnung, wie ich rieche!“ sagte er empört.

„Oh, das will ich hoffen!“ Sie erwiderte seinen Blick mit perfekt geheuchelter Unschuld. „Aber sie ist jetzt seit fast fünfzehn Jahren verheiratet, und ich bin ziemlich sicher, dass sie den Geruch der... äh... Liebe kennt.“

„Ich mag diesen Geruch...“ Er senkte den Kopf und folgte der Rundung einer Brust mit dem Mund. „... und deinen Geschmack.“

„Halt!“ Sie setzte sich auf und schob seinen Kopf sachte, aber nachdrücklich zurück, gerade als eine Zunge einen aufreizenden Kreis um eine Brustwarze beschrieb. „Hör auf, oder sie wird Bungo zu unserem Smial schicken, um zu fragen, ob ich mein Versprechen vergessen habe, sie heute Nachmittag zu untersuchen. Ich muss gehen, Liebster, wirklich. Machst du mir ein bisschen Wasser warm?“

Frodo sah sie an. Noch immer lag sie auf dem Küchenfußboden, ein kleines Lächeln auf ihrem hübschen, erhitzten Gesicht. Ihr Körper war in Sonne gebadet; als er die Augen schloss, konnte er ihn hinter den Lidern sehen, einen blendend weißen Abdruck aus Licht, anhaltend und wunderschön. Zum ersten Mal in seinem Leben wünschte er sich, Bilder malen oder Musik komponieren zu können, um ihr gerecht zu werden. Die weiche, musikalische Linie ihres Halses und ihrer Schultern, die runden Zwillingshügel ihrer Brüste, die glatte Symphonie ihres Bauches und ihrer langen, schlanken Schenkel... und jene geheime, samtige Enge, verborgen hinter dem rötlichen Dreieck seidiger Locken zwischen ihren Beinen.

Ich will dich genauso sehr, wie du mich willst, meine liebliche Indil, meine schöne Kastanie, dachte er, und ich wage nicht, darüber nachzudenken, wie sehr ich dich brauche.

Er nahm sich zusammen, stand auf und verbeugte sich trotz seines völligen Mangels an Kleidung lächelnd und mit leichter Eleganz.

„Euer Bad wird in fünfzehn Minuten fertig sein, meine Herrin," sagte er.

*****

Eine Stunde später war Lily im Birkenblatt-Smial zu finden, wo wie Chrysantheme untersuchte und ihr versicherte, dass das Baby wahrscheinlich um Mittsommer herum geboren werden würde. Chrysantheme nahm diese Information mit großer Erleichterung auf.

„Jedes Mal, wenn ich das hier durchmache, frage ich mich, wieso... im Moment fühle ich mich so fett, schwer und riesig wie Butterblume, unsere trächtige Sau.“

Ihr Mann Bungo lachte und tätschelte ihr den Rücken.

„Reg dich nicht auf, Mädel,“ gluckste er. „Wir erwarten wenigstens zehn kleine Ferkel, und in deinem Bauch gibt's bloß ein Baby - nicht, Lily?“

Die junge Hebamme lächelte, während sie das hölzerne Hörrohr zurück in ihre Ledertasche steckte.

„Bloß eines, Bungo, das versichere ich dir,“ sagte sie.

„Und wann werden wir wohl deinen ersten kleinen Sohn oder deine erste Tochter sehen?“ ragte Chrysantheme plötzlich mit einem gewissen Interesse, den Blick fest auf Lilys Gesicht gerichtet.

Lily schüttelte den Kopf.

„Das darfst du mich nochmal fragen, wenn ich dir einen Ehemann präsentieren kann,“ erwiderte sie leichthin. „Und jetzt gehe ich, ehe du wieder versuchst, mich mit einem deiner zahllosen Vettern zu verkuppeln.“

Ein paar Minuten später verließ sie den Smial mit Bungo, der angeboten hatte, sie nach Hause zu fahren. Chrysantheme beobachtete von ihrem Ausguck am Fenster, wie die Hebamme neben ihrem Mann den Weg zum Gartentor hinunterging, dann sank sie dankbar wieder in ihren Schaukelstuhl.

„Ich weiß auch nicht..." murmelte sie nachdenklich und streichelte abwesend ihren gerundeten Bauch. „Ich weiß, Lily hat niemanden, aber ich könnte schwören, dass ich diesen Blick in ihren Augen kenne, so glücklich, so befriedigt, fast, als ob sie glüht... erinnert mich an die Zeit, als ich gerade meinen Bungo geheiratet hatte und als wir kaum aus dem Bett kamen, es sei denn für ein bisschen was zu Essen und eine Tasse Tee...“

Sie seufzte.

„Und dieser Geruch... vielleicht ein Bad mit Lavendelseife, aber darunter... was ist das, ein Gewürz?“

Sie kam nicht darauf, aber sie hievte sich aus dem Stuhl und ging in die Küche, und als Bungo am Spätnachmittag von den Feldern und aus dem Stall zurückkam, überraschte sie ihn mit frischen Zimtrollen. Er war sehr erfreut und sang ihr nach dem Abendessen ein Lied, das er seit fast vierzehn Jahren nicht mehr gesungen hatte; zum ersten Mal hatte er es unter ihrem Fenster angestimmt.

Nach Sonnenuntergang saß Frodo Beutlin in seinem Studierzimmer und versuchte, sich auf einen Brief an Saradoc Brandybock zu konzentrieren, aber er hielt immer wieder inne, wenn ein lächelndes Gesicht und die weiße, schimmernde Kontur eines lieblichen Körpers ihm innerlich vor Augen trat.

Kurz vor Mitternacht huschte eine schlanke Gestalt durch Mondlicht und Schatten den Pfad hinunter zum Eingang nach Beutelsend. Für einen Moment war die Lampe, die im Fenster leuchtete, unsichtbar, und es gab ein leises Klopfen. Die grüne Tür öffnete sich und warmes, goldenes Licht strömte auf den Weg.

Ich dachte, du würdest heute nicht noch einmal kommen, meine Kastanie, aber ich habe das Licht brennen lassen, weil ich hoffte, du tust es trotzdem.

Ich war müde, aber ich konnte nicht schlafen... nicht ohne dich neben mir.

Zwei Schatten verschmolzen inmitten dem Teich aus Helligkeit zu einem, lang und schwarz, und dann verschwanden sie nach drinnen, die Tür fiel zu und der Garten war wieder dunkel.


THE END


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